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© dpa

Kunst: Olafur Eliasson hält eine "Berliner Lektion"

Seine Idee von Kunst trägt Olafur Eliasson nicht geordnet vor. Er denkt laut - und bietet damit eine kurzweilige Einführung in seine Ausstellung, die am 28. April im Martin-Gropius-Bau beginnt.

Ein Künstler bewegt sich im Zeitlupentempo durch den Park, überholt von einer Passantin, die sich im Vorübergehen irritiert nach ihm umdreht. Drei Fotografien dokumentieren die kuriose Szene, von der man bei vertauschter Reihenfolge nicht mehr weiß, wer von beiden tatsächlich der Schnellere war. Für Olafur Eliasson, der dieses Experiment im Max-Reinhardt-Park am Deutschen Theater durchführte, ist der slow-motion-Spaziergang ein kreativer Akt, ja ein politischer Vorgang, denn er gibt dem öffentlichen Raum, der Stadt die Kategorie Zeit zurück. Der dänische Künstler isländischer Herkunft hat die Lacher auf seiner Seite, als er erzählt, dass der dazugehörige Hund, „die Verlängerung des Menschen“, ihn prompt angekläfft habe.

Auch bei seiner „Berliner Lektion“ läuft Eliasson auf der Bühne des Renaissance-Theaters auf und ab, erzählt von seiner Spontanfahrt nach Berlin, einen Tag nach dem Mauerfall, mit einem Freund von Kopenhagen aus im geliehenen Wagen, und das Erstaunen über all die entgegenkommenden Trabis. Er erinnert an seine ersten Berliner Jahre, nachdem er 1995 nahe der Jannowitzbrücke ein Atelier bezogen hatte, als für ihn noch alles offen war und auf den Dächern permanent Partys gefeiert wurden. Der 43-Jährige gibt den Unterhalter und versucht doch seine Idee von Kunst zu erklären, zeigt Dias von seinen größten Arbeiten, dem „Weather Project“ (2003/04) in der Turbinenhalle der Londoner Tate Gallery, das zwei Millionen Menschen sahen, den vier künstlichen Wasserfällen, die er 2008 an vier Orten in Manhattan aus 40 Meter Höhe in die Tiefe stürzen ließ.

Eliasson hält keinen geschliffenen Vortrag, wie man es sich vielleicht gewünscht hätte, um seine Philosophie, das visionäre Crossover von Kunst und Wissenschaft, zu verstehen. Stattdessen gibt er Einblick in seine Gedankenwerkstatt, plaudert wie in einem offenen Gespräch, vergleichbar dem Ideenaustausch mit seinem 35 Architekten, Modellbauer, Ingenieure, Handwerker, Dokumentaristen umfassenden Team im Atelier im Pfefferberg. „Eine Beschreibung einer Reflexion oder aber eine angenehme Übung zu deren Eigenschaften“ ist der Vortrag überschrieben, letztlich doch nur eine kurzweilige Einführung in seine Ausstellung, die am 28. April im Martin-Gropius-Bau beginnt. Sie soll in die Stadt diffundieren. So mancher mag bereits den von ihm an öffentlichen Orten abgelegten Schwemmhölzern – dicken Stämmen rätselhafter Herkunft – begegnet sein, die er von der isländischen Küste nach Berlin transportieren ließ. Oder hat irgendwo abgestellte Fahrräder gesehen, deren Reifen durch Spiegelscheiben ersetzt waren und die Umgebung reflektierten. Auch für einen Großmeister wie Eliasson haben sich die Zeiten geändert. Statt auf ein Megaprojekt setzt er nun auf Stadtpoesie.

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