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KUNST Stücke: Rinksherum

„Het is mooi!“ entfährt es einer niederländischen Dame, als sie in der Galerie Circleculture (Gipsstraße 11, bis 16.

„Het is mooi!“ entfährt es einer niederländischen Dame, als sie in der Galerie Circleculture (Gipsstraße 11, bis 16. Juni) ein warmrot leuchtendes Bild entdeckt. Ihre Begeisterung gilt einem Werk des Malers Arno Rink, Jahrgang 1940, der zu den wichtigsten Vertretern der Neuen Leipziger Schule gerechnet wird und dessen Verdienst sich keineswegs darin erschöpft, Lehrer Neo Rauchs gewesen zu sein. Das formal ein wenig an Schiele erinnernde Bild widmet sich einem Leitmotiv des Malers, dem weiblichen Akt in mythologischer Gestalt. Hier ist es Leda, der sich Zeus in Gestalt eines Schwans mehr als nur nähert. Ihr Gesicht verborgen, der Vogel mehr zu ahnen als zu erkennen, überlagert nach unten hin ein immer dynamischer werdendes Kugelschreibergekrakel den sanften Bogen des Rückens, die rosa Wasserfarbe auf dem Papier: Malerei als erotischer Akt. Diesem Bild von 2000 stehen vier neuere zur Seite, alle im Format 180 x 140 cm (je 64 000 Euro). Drei hängen wie ein Triptychon nebeneinander und wirken unvollendet, skizzenhaft, schildern Atelierszenen. Rink, der sich selbst porträtiert, verweist auch hier auf ein erotisches Motiv, gefärbt von Melancholie, mit Anspielungen an Dürers berühmten Kupferstich. Ein Bildtitel identifiziert die gemalten Aktmodelle als „Lots Töchter“ – folglich erinnert er selbst an die alttestamentarische Gestalt des Flüchtlings aus Sodom und rührt an das Tabu der Sexualität im Alter.

Auch die eigene, 1980 geborene Tochter ist mit ihren ganz anders gearteten Arbeiten in der Ausstellungen zu sehen. Unter dem Pseudonym Oskar Rink bot der Auftakt ihrer Zusammenarbeit mit der Galerie und die Arbeit im Atelier ihres Vaters den Anlass für die Gemeinschaftsschau. Sie zeigt an der Wand hängende Schaukästen, in denen sie aus Papier und anderem Material Landschaften und Stillleben einfügt. Ihre weißen, „gebauten Zeichnungen“ wirken wie eine Antithese zur Malerei ihres Vaters. Das dieser Gegensatz nicht nur formaler Art ist, deutet das Bild „Der ewige Konflikt“ (3960 Euro) an, wo die Pinsel Arno Rinks auf einer Briefwaage gewogen werden. Auf Biografisches verweist auch „Die Rettung“ (5700 Euro) mit künstlerischem Handwerkzeug und der Silhouette eines sich küssenden Paars – Vorbild beider Köpfe, die Künstlerin selbst! Dass auch sie in der Kunstgeschichte beheimatet ist, verrät die Vitrine mit dem Titel „Leichtgläubig“ (6900 Euro). Das Hauptmotiv zeigt einen blühenden Baum vor einem zerstörten Haus, darunter ineinander verkeilte Trümmer. Auf der davor befestigten Glasscheibe findet sich ein schwarzer Rahmen und lenkt den Blick auf diese Trümmer. Und mit einem Mal erkennt man als mutmaßliches Vorbild, thematisch und ästhetisch vollkommen stimmig, die aufgetürmten Eisschollen aus dem Bild „Das Eismeer“ von Caspar David Friedrich. Im Fall von Oskar Rink aber kein Grund zur Hoffnungslosigkeit.

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