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Porzellan-Ausstellung: Leidenschaft ist zerbrechlich

Der amerikanische Sammler Richard Baron Cohen zeigt seine private Porzellankollektion im Charlottenburger Schloss. Unter den Ausstellungsstücken findet sich auch eine von ihm selbst in Auftrag gegebenen Serie mit Nilpferd-Motiven.

Dem allerersten Stück der Privatsammlung ist ein Ehrenplatz eingeräumt: 1994 ersteigerte der Amerikaner Richard Baron Cohen einen Teller, der 1820 von der Königlichen Porzellan-Manufaktur zu Berlin (KPM) produziert wurde. Neben gemalten weißen Rosen taucht am Goldrand eine geheimnisvoll-winzige Frauensilhouette auf. Der Blick auf den Tellerrand: für Baron Cohen war es der Beginn einer wunderbaren Leidenschaft. In nur anderthalb Jahrzehnten wuchs die weltweit bedeutendste Privatkollektion von Porzellanen des 19. Jahrhunderts. Es heißt, seine Villa auf Long Island biete Platz für noch viel mehr Zerbrechliches.

Bis vor kurzem rätselten Museumsleute darüber, wer ihnen die besten Stücke vor der Nase wegkaufte. „Es gab ein schwarzes Loch in der Porzellanwelt“, berichtet Kurator Samuel Wittwer, der den Baron dann zufällig kennenlernte und zu großzügigen Leihgaben nicht einmal lange überreden musste. Für die Berliner Premiere im Neuen Flügel des Charlottenburger Schlosses – die Cohen-Sammlung reist später nach Liechtenstein sowie ins New Yorker Metropolitan Museum – werden die amerikanischen Stücke durch hiesige Bestände ergänzt. Damit wird ein wahrlich umfassender Einblick in die Produktion in Berlin, Wien und Sèvres gegeben. Am augenfälligsten wird die glückliche Kooperation, wo der Sammler eine seltene gelb-grün-goldene KPM-Blütentasse durch eine passende Untertasse komplettieren konnte. Nun kann das Ensemble wieder in Serie gehen.

Der ausstellungsarchitektonische Rahmen für die Objekte ist angemessen luxuriös, die Anbindung klassizistischer Porzellanherstellung an die Antike lässt sich eingehend studieren: Von mythologischen Motiven auf einer französischen Briefschatulle bis zu gemalten Trompe- l’œil-Portraits griechischer Geistesgrößen auf einem Wandteller-Pantheon. Neben einem Paar monumentaler Vasen (für den Übersee-Transport zerlegbar), mit denen die KPM zur Pariser Weltausstellung 1855 prunkte, beeindruckt vor allem das Service „Forestier“ aus den 1830er- Jahren: 15 Teller aus Sèvres mit dem Anspruch, die bedeutendsten Wälder der Erde zu dokumentieren.

Die Tradition der „Enzyklopädischen Services“ soll eine von Baron Cohen selbst in Auftrag gegebene Serie mit fotorealistisch gemalten Nilpferd-Motiven fortführen. Die Teller, Tassen und Terrinen des letzten Raums – Happy Hippos inmitten gezackter Goldbordüren – wirken eher anachronistisch. Wohl Geschmackssache, Cohen ist bekannt für seine Leidenschaft für Flußpferde. Eine Kitsch-Ecke im Schloss sei dem großzügigen Sammler gegönnt.

„Raffinesse & Eleganz, Porzellane machen Geschichte“, Neuer Flügel des Charlottenburger Schlosses, bis 4. November.

Jens Hinrichsen

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