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Belgisch-kanadische Freundschaft: das Pantomimen-Duo Dominique Abel und Fiona Gordon lässt sich durch Paris treiben.

© Film Kino Text

Barfuß in Paris: Funny Walks unterm Eiffelturm

Die französische Grand Dame Emmanuelle Riva ist in "Barfuß in Paris" in ihrer letzten Filmrolle zu sehen.

In Frankreich haben Filme mit alten Damen Konjunktur und geben den Grandes Dames der Schauspielkunst die Gelegenheit, noch einmal mit voller darstellerischer Energie gegen die Hinfälligkeit der späten Jahre anzutreten. So war Jeanne Moreau vier Jahre vor ihrem Tod noch einmal in dem mittelmäßigen Drama „Eine Dame in Paris“ zu sehen. Und in „Barfuß in Paris“, der komödiantischen Variante eines ähnlichen Stoffes, hat die im Januar verstorbene Emmanuelle Riva ihre letzte kleine Rolle, nach dem erschütternden Auftritt in Michael Hanekes „Liebe“.

Sie gibt Tante Martha, eine liebenswerte, etwas verwirrte Frau, die trotz ihres Alters in einer Irma-la-Douce-würdigen Mansarde lebt. Als Einweisung ins Altersheim droht, ruft Martha per Brief ihre Nichte aus dem fernen Kanada zu Hilfe. Doch Fiona landet durch diverse Missgeschicke statt in St. Germain kopfunter in der Seine und muss von Touristen auf ein Boot gerettet werden. Ihren beim Sturz verloren gegangenen Rucksack mit allen Habseligkeiten findet der Clochard Dom, der bald auch Fionas Wege kreuzt.

Erinnerungen an Keaton und Lloyd

So weit zum Plot. Dom und Fiona sind das Pantomimen-Duo Dominique Abel und Fiona Gordon (sie kanadischer, er belgischer Herkunft), die in Brüssel unter dem Namen „Abel & Gordon“ neben Bühnenshows auch schon drei Filme im Slapstick-Stil realisiert haben. Und auch die Protagonisten von „Barfuß in Paris“ sind karikatureske Figuren mit je eigenem funny walk und grotesken Marotten. Eine waghalsige Balancenummer hoch auf den Metallstreben des Eiffelturms erinnert herrlichst an Stummfilmklassiker von Buster Keaton oder Harold Lloyd. In Fionas kanadischer Heimat fegt der Wind durchs Büro wie in der Hütte im „Goldrausch“. Und eine kleine Einlage gibt Riva und dem wohl nur für diese Szene angeheuerten Pierre Richard mit einem Parkbank-Sitz-Steptanz in Socken Gelegenheit zu einer naiv anmutigen Variante zu Chaplins berühmtem Brötchenballett.

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Für filmhistorisch versierte Zitatensucher ist "Barfuß in Paris", eine Goldgrube. Doch es fehlt den Filmemachern am Timing ihrer Vorbilder. Auch der Plot um die verhuschte Kanadierin mit dem knallroten Riesenrucksack, den kessen Clochard und die Tante plätschert eher vor sich hin. Ungemütlich wird es bei aller Nostalgie nur, wenn sich unter der burlesken Tarnung auch schmerzhaft altbackene Frauenbilder ausbreiten.

Nostalgie mit Nachgeschmack

So ist Fiona das recht zweidimensionale Abziehbild des Klischees der verklemmt frigiden Frau. Und die arme Martha wird auf ihre alten Tage durch eine kaum erträgliche Quasi-Vergewaltigung „beglückt“, weil der betrunkene (und nach diversen Mülltonnenbesuchen sicherlich nicht wohlduftende) Dom sie im Wahn des Begehrens mit der jungen Fiona verwechselt. Der Darstellerin Emmanuelle Riva, die 1959 in Alain Resnais' „Hiroshima, mon amour“ ihr gefeiertes Leinwanddebüt gab, mag man mit ihren fast neunzig Jahren den peinlichen Auftritt verzeihen. Die, die ihn in ihr Abschiedsstück geschrieben haben, seien in die Fegefeuer der Filmgeschichte verdammt.

In 5 Berliner Kino, OmU: Hackesche Höhe, Brotfabrik, Cinema Paris

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