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Wolfang Wagner

© dpa

Bayreuther Festspiele: Tränen zum Abschied von Wolfgang Wagner

Mit den 97. Richard-Wagner-Festspielen ist auch die Ära Wolfgang Wagner zu Ende gegangen. Langjährige Weggefährten würdigten Wagners einzigartiges Lebenswerk mit minutenlangen Ovationen und Bravorufen. Montag wird der Stiftungsrat Wagners Nachfolger bestimmen. Als Favoriten gelten seine beiden Töchter Katharina und Eva.

Mit Tränen in den Augen, minutenlangen Ovationen und Bravorufen haben Weggefährten und Freunde das Lebenswerk von Wolfgang Wagner gewürdigt. "Sie werden uns fehlen, wir werden Sie vermissen", sagte Festspielsprecher Peter Emmerich am Donnerstag wenige Stunden vor Beginn der letzten, der 1706. Vorstellung unter der Leitung des Enkels von Richard Wagner. Mit einem unsentimentalen Lächeln und fröhlichem Winken quittierte der Patriarch in einem thronähnlichen Stuhl die Lobes- und Dankesworte seiner Mitstreiter. Zur Erinnerung überreichten ihm Regisseure und Dirigenten, Musiker und Sänger und die Mitarbeiter hinter den Kulissen ein zwei Meter großes Erinnerungsfoto mit fast allen 800 Mitwirkenden der 97. Bayreuther Festspiele.

"Wir verbeugen uns vor Ihnen heiter in dankbarer Verbundenheit, Freundschaft und Liebe", sagte Emmerich. Mit dem 28. August 2008 endet eine Ära: 58 Spielzeiten tragen die Handschrift Wagners, der am Samstag 89 Jahre alt wird. Seit dem frühen Tod seines Bruders Wieland 1966 stand er 42 Jahre alleine in der Verantwortung am "Grünen Hügel". Wie kein Zweiter in der 132-jährigen Geschichte hat er die Festspiele geprägt und verkörpert.

Ausgestattet mit untrüglichem Gespür für das Nötige

"Wolfgang Wagner und die Festspiele sind vollständig miteinander verschmolzen in einer einzigartigen wie absoluten Institution", sagte Emmerich. Für alle Protagonisten am Grünen Hügel sei Wagner "Prinzipal, Chef und nicht zuletzt auch eine Vaterfigur" gewesen - "keine von übermenschlicher oder gar furchteinflößender Dimension, vielmehr das genaue Gegenteil, nämlich zutiefst menschlich und verständnisvoll, um den einzelnen nicht minder besorgt als ums Ganze“. Emmerich beschrieb seinen Chef als "unprätentiös, pragmatisch und mit einem eminent untrüglichem Gespür ausgestattet für das praktisch Machbare und Nötige".

Mit Wagner nehme eine der letzten großen Gestalten des deutschen Theaterwesens Abschied von der Bühne. Unzählige Male sei er in seinem fast sechs Jahrzehnte langem Wirken als "Nestor der Theaterleiter" und als "Patriarch" angesprochen worden. "Solch pathetischer Verklärung und Überhöhung begegneten Sie stets mit leisem Spott und jenem urgesunden Realismus, der es mit sich brachte, dass Sie unangefochten fest in Ihrem fränkischen Boden wurzeln und sich nicht in irgendeinem Wolkenkuckucksheim einrichteten", beschrieb Emmerich Wagners Realismus, seine guten Nerven und seinen Humor.

Bitte recht freundlich

Zu Beginn der improvisierten Feierstunde mit Weißbier und Würsten scharten sich Schwester Verena, seine beiden Töchter und potenziellen Nachfolgerinnen Katharina und Eva, Dirigent Christian Thielemann, Bayerns Kunstminister Thomas Goppel und Karl Gerhard Schmidt, der langjährige Chef der Mäzene von Bayreuth, zum "Familienfoto" um den greisen Wagner. Nach der Laudatio warteten Mitwirkende mit einer Revue von Kostümen aller zehn Festspielwerke auf.

Das Defilee begann mit dem furchterregenden Gewand des Wotan aus Wieland Wagners "Ring" bei den ersten Nachkriegsfestspielen im Jahr 1951. Von Wolfgang Wagners erster Inszenierung in Bayreuth, der Oper "Lohengrin" 1953 ist nur noch die Hose des damaligen Titelhelden Wolfgang Windgassen übrig geblieben. Warum? – "Nie sollst Du mich befragen", antwortete Moderator Stefan Jöris, seit Jahrzehnten einer der engsten Mitarbeiter Wagners, mit einem Zitat aus dem Libretto. Die Kostüm-Schau endete mit einer Szene aus Christoph Schlingensiefs „Parsifal“-Inszenierung, bei der Deborah Polaski als Brünnhilde ihren Siegfried Wolfgang Schmidt wachküsst. "Es geht auch umgekehrt", beendete Jöris die launige Vorstellung. Wenig später verließ Wolfgang Wagner die Bühne - seine Bühne gebückt, aber als glücklicher Mensch.

Manfred Präcklein[dpa]

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