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Beat Zoderer im Mies van der Rohe Haus: Kugeln, Kringel, Knäuel

Eine heitere Pracht: Der Schweizer Künstler Beat Zoderer belebt mit profanem Material die klassische Schönheit des Mies van der Rohe Haus in Weißensee.

Die kleine Reise zum Mies van der Rohe Haus in Weißensee lohnt sich wieder einmal. Schon wegen der Architektur. Während ringsum am Ufer des Obersees ambitionierte Einfamilienhäuser entstehen, die sich selbstgenügsam von der Umgebung abschotten, fügt sich der von Mies van der Rohe Anfang der dreißiger Jahre im Bauhaus-Stil für das Fabrikanten-Ehepaar Martha und Karl Lemke erbaute Bungalow entspannt in die Landschaft ein. Die Backsteinfassade verbindet sich zur Straße hin mit dem Vorgarten und öffnet sich nach hinten zum See.

Das Jahresmotto für die Ausstellungen spielt mit dem Drinnen und Draußen – „Die Kunst in der Natur“ lautet es für den Garten, „Die Natur der Kunst“ für die Innenräume. Im letzten Kapitel des Jahres nimmt der Schweizer Künstler und Architekt Beat Zoderer die souveräne Gelassenheit des Landhauses auf und zeigt einen Blick in sein Labor. Auf eine lange Wandkonsole im Gartenzimmer hat er Formen gestellt, die seine Kunst beeinflussen.

Dreißig Prozent der Arbeit findet im Labor statt

Kugel und Kreis kehren in den Skulpturen immer wieder. Zu seinen Vorlagen gehört eine Kopie der üppigen Venus von Willendorf, aber auch Meteoritengestein, Knäuel von bunt bezogenem Elektrodraht, Vielecke aus dem Chemiebaukasten oder Kringel aus bunter Pappe. Vergleicht man Fundstücke und Werke, sind Inspiration und Gestaltung zu erkennen. Dreißig Prozent der Arbeit finden im Labor statt, sagt Beat Zoderer in einem Gespräch mit Wita Noack, der Leiterin des Mies van der Rohe Hauses.

Ausgewaschene Flusskiesel schneidet Zoderer in Schaumstoff nach. Einen platten Fußball gießt er mit Beton aus. Klebebänder ballt er zur Kugel, Pappstreifen windet er zu bunten Ringen. Nagelfluh – so der Ausstellungstitel – bezeichnet ein minderwertiges Gestein, das aus einem Konglomerat von zusammengepresstem Geröll besteht. „Ich bin auch ein Nagelfluh“, sagt der Künstler von sich.

Fröhliche Gesellschaft gerundeter Figuren

Am liebsten verwendet Zoderer für seine Skulpturen gewöhnliche Materialien, Beton, Styropor, Ton oder Transparentpapier. Aus den Grundformen Kugel, Kreis, Spirale, Schlangenlinie entsteht eine fröhliche Gesellschaft gerundeter Figuren. Schroffer werden Beat Zoderers Plastiken, wenn er die Kugeln öffnet, zu einem „Negativraum“, wie der Künstler es nennt. Für die Stele „Torus“ hat er Kugeln in Gips gedrückt und die entstandenen Vertiefungen mit Bronze ausgefüllt, bis ein kakteenähnliches Gewächs entstanden ist, das nun auf der Terrasse der Villa die Architektur zentriert.

Neben der schrundigen Schärfe des „Torus“ wirkt die bunte Collage aus Transparentpapier im Esszimmer wie eine heitere Pracht. Durchlässig wie die lange Glasfront, komplex wie das Geäst der Bäume im Garten.

Geschickt setzt Zoderer der Geradlinigkeit von Mies van der Rohe seine Kurven entgegen und belebt mit profanem Material die klassische Schönheit. Fröhlich helle Editionen aus getackertem Transparentpapier werden in einer Sechser-Auflage verkauft, um den Katalog zu finanzieren.

Mies van der Rohe Haus, Oberseestr. 60, bis 22. 12.; Di–Mi 11–17 Uhr

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