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Kultur: Beats oder Beethoven

JAZZ

Okay, man hätte Heiligabend auch zum Orgelkonzert gehen oder sich unterm Weihnachtsbaum Lebkuchenherzen zuwerfen können. Wenn aber eine Legende wie Cecil Taylor ein Konzert gibt? Also ab ins B-Flat , lauschen dem Mann, der mit seinem Klavierspiel den Jazz befreit hat und nun mit seinem Weggefährten Tony Oxley auf die Bühne tritt – Taylor mit Strickmütze, Sonnenbrille und Free-Jazz-Strümpfen, Oxley mit grauer Prinz-Eisenherz-Frisur. Zwei ältere Herren, die es nicht mehr nötig haben, die Bühnen mit fulminantem Akkord-Gedonner zu erobern. Das Tolle aber: Sie tun es trotzdem. Erst ist da ein leichtes Rieseln nur, das schnell an Wucht gewinnt. Taylor wühlt mit spitzen Fingern im Flügel, formt Ostinato-Muster und Hochgeschwindigkeits-Patterns, bildet Figuren wie Blinkfeuer, lässt sie wieder verlöschen und hämmert in die Tasten, als gäbe es kein Morgen. Monk over Beethoven! Oxley spornt ihn an mit seinem Eigenbau-Schlagzeug mit Eisenteilen vom Schrottplatz – in einer rhythmisch scheppernden Vorwärtsbewegung, die dem Körper keine Chance lässt, in einen routinierten Schüttelgroove zu fallen. Und doch atmet diese Musik alle klassischen Elemente des Jazz und Blues: als Aura eines abwesenden Körpers im Raum. Wow!

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