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Kultur: Beethoven-Fest

Das Artemis-Quartett im Kammermusiksaal

Kaum zu glauben: Wieder beschert uns das Artemis-Quartett einen Beethoven-Abend voller Einsichten und Erschütterungen. Der Kammermusiksaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt – was gerade bei der esoterischen Gattung Streichquartett etwas heißen will! – und trotz der jahreszeitlich bedingten Hustenattacken in den Satzpausen ist es während der Musikdarbietung doch mucksmäuschenstill. Und nach dem Stretta-Rausch der „Großen Fuge“bricht ein Jubel los, der den Saal förmlich überschwemmt, ihn überkochen lässt. Dies hervorgerufen nicht durch ein Spiel der klanglichen Überwältigung oder der kuscheligen Emotionalität, sondern durch ein eher herbes, schwieriges, dem Wahrheit vor Schönheit geht. Kein Klassik-Event, sondern eine Beethoven-Feier.

Und der Klassiker erscheint hier erschreckend modern. Bei der „Großen Fuge“ op. 133 versteht sich das von selbst, denn der ertaubte Meister scherte sich nicht um den harmonischen Zusammenklang der eng gewebten Stimmen. Doch wo er entsteht, lehrt uns das Artemis-Quartett, hat es etwas zu bedeuten: Da klären sich für unlösbar gehaltene Konflikte, scheint mitten im Kampf die Utopie der Versöhnung auf. Artemis bietet das in erregtesten Kontrasten: mit ineinander verbissenen Motiven an der Grenze zur Geräuschhaftigkeit, denen die weichesten Farben, von den dunklen Streichern getragen, folgen. Dabei ist alles von einer Deutlichkeit, die manches nie Gehörte hervorhebt, so die Heftigkeit, mit der sich das an die „Ode an die Freude“ der 9. Sinfonie anklingende Kontrastmotiv gegen das sperrige Fugenthema durchsetzt.

Dieses Thema erscheint schon unisoni im Kopfsatz des B-Dur-Quartetts op. 130, und so ist es eine weise Entscheidung, es mit der ursprünglich als Finale gedachten Fuge zu beschließen. Sind deren Energie und Risikofreude nicht zu überbieten, so ist es hier die schwebende Harmonie der vier Spieler, deren charaktervolle Dialoge sich in der „Cavatina“ zur gemeinsamen Meditation verweben. Und bieten auch die vorhergehenden Quartette c-Moll und D-Dur aus op. 18 die geistreichsten Wendungen, besticht hier vor allem der Charme der leichten Klangrede, so sind sie doch nur reizvolles Vorgeplänkel zu dieser Gipfelleistung. Isabel Herzfeld

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