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Kultur: Beethovens kleine Wassermusik

Belgische Eröffnung beim „Tanz im August“

Von Sandra Luzina

Sie sind jung und einfach hinreißend. Dieser spielerische Überschwang – wenn die Tänzer von Anne Michèle De Mey einmal in Fahrt kommen, dann sind sie unwiderstehlich. Und wann sieht man das heute noch im zeitgenössischen Tanz: Akteure, die eine herrliche Unbekümmertheit zur Schau tragen, sich am eigenen Leichtsinn berauschen?

Anne Michèle De Mey eröffnet mit einer Neueinstudierung ihres Erfolgsstücks „Sinfonia Eroica“ aus dem Jahr 1990 den „Tanz im August“, und aus heutiger Sicht wirkt diese unverwüstliche Choreografie geradezu wie ein Manifest der Zukunft. In der Berliner Schaubühne ist aber nicht einfach ein Revival zu sehen. Die belgische Choreografin aus Charleroi hat ihr 16 Jahre altes Stück an eine neue Generation weitergegeben, und die sehr jungen Tänzer eignen sich das Werk so neugierig wie spielerisch an. Ein großes Ausprobieren und Anprobieren.

Erst einmal räumen sie die Bühne frei, die zum Abenteuerspielplatz wird. Zu Klängen des jungen Mozart aus der Ouvertüre von „Bastien/Bastienne“ entwickelt De Mey ihr Thema, das sich aus einer simplen Armbewegung entspinnt, um dann die Höhen und Tiefen auszuloten. Selbst Beethoven klingt wie ein junger Wilder. Auszüge aus der 3. Sinfonie, der „Eroica“ (leider in schrecklicher Beschallung), bilden das Kraftzentrum des Abends. Die Tänzer nehmen die Musik mit ihrer aufbrandenden Energie wie eine Welle, man kann prima auf ihr surfen. Manchmal brausen die machtvollen Klänge über sie hinweg.

Man kann an „Sinfonia Eroica“ wunderbar studieren, wie sich die belgische Welle im Tanz formiert hat. Rennen, springen, fallen, rollen, kreisen – das ist immer noch mitreißend anzusehen in seiner Dynamik. De Mey fügt die abgezirkelten Schritte eines Paso Doble hinzu, die Verschraubungen des B-Boying´, anything goes. So leicht, wie die Paare sich finden, gehen sie auch wieder auseinander. Die Liebe – ein Spiel, wenngleich ein anmutiges. De Mey feiert den Elan der Gruppe, sie sagt sich: bloß kein Drama! Doch mit der Zeit beginnen diese Tändeleien dann doch zu langweilen. Zum Schluss bespritzen sich alle mit Wasser, schlittern und rutschen juchzend über die Bühne. Auch die notorische Außenseiterin wird nun getauft. Alles ist gut, alle haben ihren Spaß. Diese unerhörte Leichtigkeit – es ist die Leichtigkeit des Anfangens.

Noch einmal heute, 20 Uhr.

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