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Zum siebzigsten Mal jährt sich am Dienstag die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Truppen. Drei Berliner Institutionen zeigen Filme zum Holocaust

© dpa

Befreiung von Auschwitz: Filme erinnern an den Holocaust

Drei Berliner Institutionen zeigen zum Gedenktag an die Befreiung von Auschwitz Filme zum Holocaust. Manche Arbeiten sind Meilensteine der Filmgeschichte geworden.

Zum siebzigsten Mal jährt sich am Dienstag die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Truppen. Bald werden die Stimmen der Überlebenden verstummt sein. Doch ihre Zeugnisse bleiben. Im Zuge der Oral History sind seit den siebziger Jahren unzählige Ton- und Video-Kassetten mit ihren Berichten archiviert worden. Dazu kommen Dokumentarfilme, die sich ästhetisch bewusst auf vielfältige Weise mit dem historischen Geschehen und dem Bildgedächtnis des Nationalsozialismus auseinandersetzen, im Lauf der Zeit aber auch selbst zu Quellen geworden sind.

Ließe sich dieser Fundus nicht hervorragend auch für die heutige Forschungs- und Bildungsarbeit verwenden? Die Kopien liegen schließlich immer noch im Archiv. Doch oft sind Rechtefragen ungeklärt, auch hat das Film- und Videomaterial nicht auf Dauer Bestand. So entstand – ganz im Sinne des vor drei Jahren vom Berliner Arsenal initiierten „Living Archive“ – die Idee, statt des üblichen ritualisierten Gedenkens den Jahrestag zu nutzen, um einen Teil dieser Filme für die kulturelle, wissenschaftliche und pädagogische Nutzung zu reaktivieren.

Von Alain Resnais bis Norman Manea

Ein Projekt, das mithilfe von Fördergeldern der Deutschen Klassenlotterie dann auch wirklich Realität annehmen konnte und nun als ganzer Schwarm von Aktivitäten gestaffelt anläuft. Im Zentrum steht dabei ein Pool von etwa fünfzig Filmen zum Holocaust, die durch Neuverhandlung der Rechte und technische Aufbereitung für den Verleih fit gemacht und in einem ausführlichen Katalog dokumentiert und angeboten werden; zehn von ihnen bekommen neue digitale Vorführkopien. Zwei dieser Digitalisate werden im Februar beim Forum der Berlinale, alle zehn dann im Herbst im Kino Arsenal vorgestellt.

Dabei reichen die Arbeiten des Filmpools vom klassischen Dokumentarfilm bis zum Experiment und zeitlich von Alain Resnais’ 1955 entstandenem „Nacht und Nebel“ bis zu René Frölkes Porträt des Schriftstellers Norman Manea „Le Beau Danger“ aus dem letzten Jahr. Viele Arbeiten sind Meilensteine der Filmgeschichte, allen voran Claude Lanzmanns „Shoah“, der mit dem völligen Verzicht auf illustrierende Bebilderung den Umgang mit dem Sujet 1985 neu bestimmte. Aber auch „Dark Lullabies“ von Irene Lilienheim, Angelico und Abbey Neidik aus dem gleichen Jahr steht paradigmatisch als Ausgangspunkt für ein ganzes Subgenre: das der persönlichen Familienerforschung einschließlich Konfrontation mit Nachfahren der Nazi-Täter.

Was die Bilderpolitik der Nazis verbot

Chantal Akerman, deren Mutter Auschwitz überlebt hatte, reist in „D’Est“ kurz nach dem Mauerfall von Ostdeutschland über Polen und die Ukraine nach Moskau. Auch ihr Film ist höchst persönlich, kommt aber ohne jedes Gespräch aus. Nur manchmal kommt eine aggressive Reaktion von einem der vielen im Irgendwo wartenden Menschen, an denen die Kamera langsam vorbeifährt. Wir sehen Bilder des damaligen gesellschaftlichen Stillstandes, ahnen in den leeren Gesichtern und Landschaften aber auch die Menschen, die in den Todeslagern Osteuropas ein Ende fanden.

Die Abbildung dieser Mordfabriken verbot die Bilderpolitik der Nazis ebenso wie die der Pogrome einige Jahre vorher, wie Erwin Leiser in seinem Film „Die Feuerprobe“ (1988) berichtet. Der eröffnet am Gedenktag des 27. Januar als Auftakt einer zehnteiligen Filmreihe den öffentlichen Auftritt von „Asynchron“. Der Zeitzeugenfilm zu den Novemberpogromen von 1938 lässt in ausführlichen Statements einige der damaligen Opfer (darunter Leiser selbst), aber auch eine unbelehrbare Antisemitin zu Wort kommen. Deren Rede, dass man den Juden langsam wirklich genug gezahlt habe, erscheint heute unheimlich aktuell.

Asynchron. Dokumentar- und Experimentalfilme zum Holocaust“, Filmreihe zum Projektauftakt 27. Januar bis 4. Februar, Kino Arsenal. Im Forum der Berlinale ab 5. Februar digitalisierte Fassungen von „Out of the Forest“ (Israel 2003) und „The 81st Blow“ (Israel 1975/77). Außerdem im Zeughauskino als letzter Teil der Reihe „Die Welt in Waffen: Befreite Konzentrationslager“ am Dienstag, 27. Januar, 20 Uhr: Wochenschauen der Alliierten aus den Jahren 1944 und 45.

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