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Berlin: Kunst und Pop kurz kritisiert

Das Museum für Islamische Kunst zeigt Miniaturen aus der Moghulzeit, die Passionskirche Scott Matthew - Kurzkritiken.

KUNST

Museum für Islamische Kunst: Miniaturen aus der Moghulzeit

Eine Szene aus dem höfischen Milieu der indischen Moghulzeit (1526-1858): Eine Prinzessin schaukelt in den Ästen eines Mangobaums, der saftige Früchte trägt. Dienerinnen klatschen zum Takt und begleiten das Schwingen der Schaukelnden mit Sitar und Tablainstrumenten. Eine Wasserpfeife wird der Königstochter gereicht, Speisen und Getränke stehen bereit. Formschön und zart sind die Frauengestalten in der indischen Miniaturenmalerei (Museum für Islamische Kunst, Am Kupfergraben 5, bis 8. Juni, So-Mi 9 bis 18 Uhr, Do-Sa 9 bis 22 Uhr). Grazile Linien und prächtige Farben malen Prinzessinnen, Fürstinnen und ihre Dienerinnen in kostbaren, schmuckverzierten Kleidern, behangen mit langen Perlenketten und goldenen Nasenringen. Die Gesichter der Frauen geben keine individuellen Gesichtszüge wieder. Die indischen Miniaturenmaler durften den fürstlichen Harem nicht betreten. Also malten sie idealisierte Frauentypen aus ihrer Erinnerung oder Fantasie. Goldene Ornamente und Blumenmotive verzieren die aufwendig gestalteten Randmalereien. Oft wurden diese Rahmungen durch andere Künstler angefertigt. Aufbewahrt in Alben, sind die indischen Kunstwerke aus dem 17. und 18. Jahrhundert bis heute nahezu unversehrt erhalten geblieben.Julia Boeck

POP

Passionskirche: Scott Matthew

Vermutlich sind umfallende Bierflaschen rein statistisch unvermeidlich, wenn eine genügend große Zahl von Trinkern die Pullen mangels Alternative auf dem Boden abstellt und andere dazwischen herumlaufen. Was in einem normalen Rockkonzert kaum auffällt, wird bei Scott Matthew in der Passionskirche zu einer Art Running Gag: Regelmäßig, wenn der New Yorker Songwriter australischer Herkunft eine besonders heikle, leise Passage singt oder zart auf der Ukulele herumplinkert, klirrt es irgendwo zwischen den voll besetzten Kirchenbänken.

Matthew nimmt es mit Humor, wie er überhaupt gar nicht der vom Schicksal gebeutelte Schmerzensmann ist, den man aus der Anmutung seiner Lieder hätte erwarten können. Denn seine Songs nehmen es an tragödischer Wucht und dramatischem Gestus durchaus mit denen seines Kollegen Antony Hegarty auf. In Songs wie „German“, „Dog“ oder „White Horse“ verbergen sich erotisch aufgeladene Seelenpein-Exorzismen, die der rauschebärtige Exzentriker mit bebender Stimme zum Besten gibt. Erlöst bricht er immer wieder in prustendes Kichern aus und bittet um Nachsicht für einen der Örtlichkeit unangemessenen Songtitel wie „For Dick“. Zu den zahlreichen Höhepunkten zählt das umjubelte „Upside Down“. Im Überschwang des Augenblicks gelingt selbst eine verwegene Coverversion: „I Won‘t Share You“, das lakonische Finale der letzten The-Smiths- LP, wird erfolgreich zur theatralischen Pianoballade umgedeutet. Nach 90 Minuten muss man schon ein harter Knochen sein, um zum ergreifenden „In The End“ nicht wenigstens einen Kloß im Hals zu verspüren. Jörg Wunder.

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