zum Hauptinhalt
Schauspielerin Rinko Kikuchi (2.v.l.), Ehemann Shota Sometani (l), die französische Schauspielerin Juliette Binoche (M), die katalanische Regisseurin Isabel Coixet und Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU)

© dpa

Berlinale 2015: Das jüngste, das hippste Festival

Die Berlinale ist eröffnet. Wie der Trubel am Roten Teppich und die feierliche Gala aussah? Lesen Sie es hier noch einmal nach.

Gentlemen, start your engines! Hat es das schon mal gegeben? Nein, hat es noch nie gegeben. Gerade noch die übliche Klangkulisse am roten Teppich vor dem Berlinale-Palast, das Betteln der auf Autogramme hoffenden Fans, die Lockrufe der Fotografen, in die sich das sanfte Brummen der heranrollenden Limousinen mischen müsste. Stattdessen in der Ferne ein Wummern, Grollen, aggressives Röhren. Na bitte, endlich was Neues. Audi, Stifter der Festivalflotte, will es allen zeigen, hat zur Eröffnung des Autokorsos zum Teppich zwei der Heckflossenwunder aus seiner Sportsparte geschickt, sogar einen Rennboliden mit Le-Mans-Erfahrung, RS 18 e-tron quattro – Jungsträume vor dem Frauenfilm.

Stolze 65 Jahre ist das Festival alt geworden, zwar gegenüber Cannes (67) und Venedig (70) das jüngste und hippste, wie Anke Engelke, Moderatorin wie gehabt, später witzeln wird. Gleichwohl, in dem Alter wird es Zeit für die Rente oder eine Frischzellenkur. Man hat sich offensichtlich für Letzteres entschieden, jedenfalls für die Gala zum Start. Wie passend, wenn dann auch ein neugebackener Regierender Bürgermeister zur Hand ist, wenn auch mit dem Allerweltsnamen Michael Müller, was gleichwohl gut zu Berlin, seiner überaus großen Bescheidenheit, passe, wie die Anke schon wieder ulkt.

Michael Müller zwischen Elsner und Waltz

Noch eine Premiere also: Müller, Oberhaupt der Bescheidenen, umringt von Glamour, in einem Saal mit all den, nun ja, eher vertrauten als neuen Stars, dem Stadlober und dem von Praunhein, der Sass und der Makatsch, der Elsner und dem Waltz und so weiter. Und mittendrin also Müller, nunmehr auf der Bühne. Ja, schon anders als der Vorgänger, nicht gerade humorig, spröder, hochkorrekt und ebenso seriös, durchaus überzeugend auf seine Art.

Geschickt greift er die Themen auf, die Kulturstaatssekretärin Monika Grütters gewohnt gekonnt angerissen hat, samt Anspielung auf Paris und „Charlie Hebdo“, das Hohelied der Freiheit der Kunst, die leidenschaftliche Verteidiger brauche. Müller knüpft da an, das Thema liegt in diesem Jahr leider nahe, und beschwört gar als Aufgabe für Berlin, ein Zeichen zu setzen, dass man sich gemeinsam gegen jeden stelle, der die Freiheit der Kunst einschränken wolle. Ja, und die Filmförderung liegt ihm auch am Herzen, schon wegen der dabei geschaffenen Arbeitsplätze.

Zeit für einen einstudierten Witz

Das sehen viele im Saal ebenso: Szenenapplaus! Fragt sich nur: Wo bleibt Dieter Kosslick? Er ist da, keine Frage, samt Schal und Hut, nur auf der Bühne lässt er sich erst spät blicken. Überlässt Anke Engelke das Terrain in der ersten Hälfte der Gala, die diesmal nicht mal, wie in den Vorjahren, bei der damals im Programm fest eingeplanten musikalischen Darbietung verschnaufen kann – noch so eine Neuerung der Berlinale Nr. 65. Ersatzweise gibt es eine Showtreppe ins Parkett, die Anke Engelke mit gewisser Skepsis hinuntersteigt und diesen oder jenen Promi ansteuert, um ihn aus dem Stegreif ein wenig durch den Kakao zu ziehen, Veruschka Gräfin von Lehndorff beispielsweise oder mit wachsender Hingabe James Franco.

Kein Wunder, dass dann, als Kosslick endlich auch mal darf, schon 27 Minuten überzogen sind, wie er mahnt. Aber für einen einstudierten Witz sei noch Zeit. Worin der bestand? Schwer zu sagen. Irgendein Zahlensalat. Etwas mit der 65 und der 2015 etc. Höhere Mathematik. Muss man nicht verstehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false