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Berlinale: Chronistinnen mit Stift und Kamera

Die prägten das Bild der Berlinale: Karena Niehoff und Erika Rabau.

Die eine war berühmt für ihre Hüte, die andere trägt heute noch Lederjacke, türkisfarbenes Sweatshirt und Lammfellumhang auf dem roten Teppich. Sie beide haben Kollegen zur Weißglut getrieben – mit nachdrücklichen Fragen auf Berlinale-Pressekonferenzen, oder dadurch, dass sie permanent durchs Bild liefen, in eigener Mission als Festival-Fotografin. Und doch: Wenn es zwei Menschen gab, die das Bild der Berlinale, wie es die Öffentlichkeit wahrnahm, über Jahrzehnte geprägt haben, dann sind sie es: die Journalistin Karena Niehoff und die Fotografin Erika Rabau.

Etwas Exzentrik gehört schon dazu, um eine eigene Stimme, einen unverwechselbaren Look zu kreieren. Eigensinn. Beharrlichkeit. Und das gewisse Etwas, das einen zum Star macht, auch wenn man nur über Stars berichtet. Sehnsüchtig hat man jedes Jahr auf sie gewartet, die Berichte von der Berlinale-Eröffnung, intern „Brötchenberichte“ genannt, die die Filmkritikerin Karena Niehoff jahrelang für den Tagessspiegel schrieb. Soziologische Untersuchungen waren das, mehr als klassisches Filmmaterial, und Stadtfeuilletons der besonderen Art, mit spitzer Feder und untrüglichem Urteil: „Die Großstadt Berlin, ein Raubtier vielleicht, aber doch ein zahmes, rollt sich höflich zusammen und legt sich den Gästen als ein Teppich zu Füßen“, heißt es da einmal.

Vielleicht musste man ein erstes Leben wie Karena Niehoff hinter sich haben, Naziverfolgung, Gefängnis und Flucht und noch 1950 Anfeindungen beim Harlan-Prozess in Hamburg, um im zweiten Leben so rücksichtslos kreativ sein zu können. Die innere Freiheit kam aus bitterer Erfahrung: Etwas war da auf Dauer gestört worden im Verhältnis zu Deutschland, zu Autoritäten und Behörden zumal. Für die Berichterstattung hat das zu klarsichtigen, kritischen Texten geführt. Auch wenn ihr das Schreiben Qual und Lust blieb bis zum Schluss. Ohne diese lebenslange Unrast, die ständig neu zu überwindende Schreibblockade, die Karena Niehoff, zum Ärger ihrer Redaktionskollegen, jede Deadline, jede Zeilenvorgabe zuverlässig reißen ließ, wäre vielleicht noch eine Schriftstellerin aus ihr geworden, eine Zeitchronistin. 1991 ist Karena Niehoff gestorben.

Auch Erika Rabau erinnert sich mit Ehrfurcht an sie, die „berühmte Journalistin Karena Niehoff“. Doch als die Niehoff ihre großen Auftritte hatte, war Erika Rabau noch ein junges Ding, mit Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und Minirock. Auf einer Dampferfahrt fiel sie dem damaligen Festivalchef Alfred Bauer auf – durch ihre frische Art, und weil sie fließend sechs Sprachen sprach. Mit 17 war sie ihrem ersten Mann nach Argentinien gefolgt, hatte dort am Teatro Colon die Bühne fotografiert. Seit 1972 ist sie die offizielle Festivalfotografin und dokumentiert das sehr viel größere Theater, das sich alljährlich rund um den roten Teppich abspielt. Dass sie auch eine wirkungsbewusste Selbstdarstellerin ist, beweisen Kurzauftritte bei Wim Wenders und Rainer Werner Fassbinder und dokumentierte auch Samson Vicents Film „Der Puck von Berlin“, der auf der Berlinale 2007 Premiere hatte. Ihr Motto: „Ellbogen sind zum Benutzen da.“

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