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Berlinale Special: Aufgeschäumt: Das Starkino-Musical „Nine“

„Nine“ ist eine Hommage an Fellinis Meisterwerk "Achteinhalb" mit großen Staraufgebot: Daniel Day-Lewis, Nicole Kidman, Penélope Cruz und Marion Cotillard spielen mit.

„Achteinhalb“, Federico Fellinis Klassiker aus dem Jahr 1963, ist der ultimative Krisenfilm. Persönliche Katastrophen, so könnte man die Botschaft zusammenfassen, lassen sich nur bewältigen, wenn sie als Chance begriffen werden. Ein Filmregisseur, gespielt von Marcello Mastroianni, flieht vor einer Schreibblockade in einen Kurort, wohin ihn Produzenten, die Ehefrau, eine Geliebte und sein Filmteam verfolgen. Grelle Traumsequenzen wechseln mit derber Komik, zwischendurch springt der Film immer wieder in die Zeit zurück, als der Regisseur achteinhalb Jahre alt war. Fellini drehte den Film mit 43, ein typisches Midlifecrisis-Alter. „Achteinhalb“ war sein Befreiungsschlag.

„Nine“ ist eine Hommage an Fellinis Meisterwerk. Der Film folgt einem Broadway-Musical, das 1982 herauskam, ab 1992 auch in London gespielt wurde. Den Regisseur Guido Contini spielt jetzt Daniel Day-Lewis. Er trägt elegante italienische Anzüge, spricht und singt mit italienischem Akzent und wirkt doch immer bloß wie ein Method-Acting-Schauspieler, der sich angestrengt um Echtheit bemüht. „I want to be Proust or the Marquis de Sade“, raunt er in „Guido’s Song“ zu theatralisch aufschäumenden Pauken und Trompeten. Die Mastroianni-Rolle des strauchelnden Schwerenöters nimmt man ihm keine Sekunde ab.

„Italia“ soll der Film heißen, den Contini bereits ankündigt, obwohl er noch keine einzige Zeile des Drehbuchs geschrieben hat. Die Finanziers sitzen ihm im Nacken, im weißen Alfa braust der Regisseur aus Rom davon. Im Kurhotel attestieren ihm die Ärzte ein akutes Erschöpfungssyndrom. Als dort nacheinander seine Geliebte (Penélope Cruz), die Ehefrau (Marion Cotillard), eine Klatschjournalistin (Kate Hudson) sowie das gesamte Drehteam mitsamt der Diva (Nicole Kidman) auftauchen, ist an Entspannung nicht mehr zu denken. „Nine“ hält sich eng an den Plot von „Achteinhalb“, verfehlt dabei aber das eigentliche Thema. Für Fellinis Obsessionen, seine Kämpfe mit den Frauen, dem Alter und der Kirche, die er in „Achteinhalb“ in großartig surreale Schwarz-Weißbilder gefasst hat, findet das von Rob Marshall inszenierte Musical keine Entsprechung.

Am überzeugendsten wirkt noch Marion Cotillard als betrogene, aber stolze Gattin, die in einer Ballade um Verständnis bittet: „Some men rule the world, some earn their living baking bread / My husband, he goes a little crazy, making movies instead.“ „Nine“ gibt sich, ähnlich wie Marshalls mit sechs Oscars dekorierter Erfolg „Chicago“, als abgefilmtes Theater zu erkennen. Die Handlung kehrt immer wieder in ein Cinecittà-Studio zurück, wo die halb fertigen Kulissen des noch zu drehenden Films für allerlei Gesangs- und Tanzeinlagen herhalten. Um Sex und Tod müsste es gehen, aber „Nine“ versucht erst gar nicht, mehr zu sein als ein musikalisch biederes, aseptisch aufbereitetes Starvehikel. Christian Schröder

Heute 21 Uhr (Friedrichstadtpalast), 20. 2., 17.30 Uhr (Urania)

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