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Sein letzter Geburtstag. Bruno Ganz als 90-jähriger Altkommunist.

©  Hannes Hubach

Berlinale Special: "In Zeiten des abnehmenden Lichts": Ein Tag wie ein Jahrhundert

Gelungene Romanverfilmung von Wolfgang Kohlhaase und Matti Geschonneck: „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ mit Bruno Ganz in der Hauptrolle im Berlinale Special.

Die Kamera steigt hoch über den Fluss, über die Kronen der Bäume: Es ist die Schönheit, die wir nicht gemacht haben, die uns nicht braucht. Wenn das Kartoffelkraut auf den Feldern von Slawa brennt, irgendwo im Ural, hat die Zeit abnehmenden Lichts längst begonnen. Seltsam, dass nichts Schreckendes, eher etwas von Nachhausekommen in dieser Ankündigung naher Dunkelheit liegt. Und in der Anfangsszene dieses Films.

Aber kann er denn viel mehr werden als Bebilderung seiner Vorlage? Eugen Ruges Epochenroman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ wurde 2011 ein riesiger Erfolg, er erzählte die Geschichte des Sozialismus am Schicksal seiner eigenen Familie, über drei Generationen. Theater landauf, landab haben Bühnenfassungen gespielt – und nun also der Film, sechs Jahre nach dem Buch, das mit „Buddenbrooks“ verglichen wurde.

Ein originäres Stück Kino

DDR-Buddenbrooks? Drei Generationen? Ein Jahrhundert? Sollten die nicht in einen einzigen Tag passen? Fragten sich Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase und Regisseur Matti Geschonneck. Das ist der Geniestreich des Films, so wird aus Ruges Roman doch ein originäres Stück Kino. Wir sind eingeladen zu Wilhelm Powileits 90. Geburtstag, den der Altkommunist demütigenderweise im Oktober 1989 begeht, als die meisten akut etwas anderes vorhaben. Auch sein Enkel Sascha ist eben, genau am 90. Geburtstag seines Großvaters, in den Westen emigriert. Dabei ist er der Einzige, der den großen Ausziehtisch aufstellen kann.

Nun besteht der Jubilar darauf, diese Aufgabe selbst zu übernehmen. Er nähert sich dem „Nazi-Tisch“ zum stummen Entsetzen seiner Frau mit einer Handvoll Nägeln. Bruno Ganz ist Wilhelm Powileit, immer an der Grenze zwischen Senilität und Originalität. Seinen Sohn, den kompromisslerischen Historiker der Arbeiterklasse Kurt Umnitzer, spielt Sylvester Groth mit einer wunderbar nachgiebigen Nachdrücklichkeit; Angela Winkler, Gabriela Maria Schmeide, Thorsten Merten und die anderen geben mit höherer Launigkeit die Gratulanten an diesem Tag, an dem nicht nur Powileits 90. Jahr zu Ende geht, sondern eine ganze Epoche. Oder wie der Jubilar es selbst formuliert: „Dies ist mein letzter Geburtstag!“ Punkt.

18. 2., 21.30 Uhr (HdBF)

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