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Kultur: Berliner Luft

Akademie für Alte Musik im Konzerthaus.

„Man kann allda ungleich mehr profitiren alß an einem anderen Ort“, wusste Johann Elias Bach 1742 über Berlin zu berichten. Von seinem Vetter Carl Philipp Emanuel hatte er sichere Kunde, dass in den Bürgerhäusern der Residenzstadt ein besonderes Klima herrschte, eine musikalische Aufbruchstimmung. Mitglieder der Hofkapelle spielten dort mit engagierten Laien zusammen, Adelige und Bürgerliche Pult an Pult. Wer draußen über keinerlei Mitsprache verfügte, konnte doch im Salon mit den Ton angeben, etwa in den Häusern der Brüderstraße hinter dem Stadtschloss.

Diese Anfänge des bürgerlichen Konzertlebens in Berlin, das seit 1749 auch eine „Musik-übende Gesellschaft“ beherbergte, lässt die Akademie für Alte Musik im Kleinen Saal des Konzerthauses aufleben. Ihr Programm vereint Komponisten, die in den Salons aufgeführt wurden und musizierten, und hebt ein Instrument hervor, das dort seinen letzten großen Auftritt erlebte: die Viola da Gamba. Der aristokratische Siebensaiter leiht der aufkommenden Empfindsamkeit noch einmal seinen melancholisch-noblen Ton, bevor er dem robusteren Cello den Platz überlassen muss.

Mit Vittorio Ghielmi hat sich die Akademie für Alte Musik einen forschenden Solisten eingeladen, der sich nicht scheut, bei C. P. E. Bachs C-Dur-Sonate zunächst die schroffe Andersartigkeit dieser Musik herauszustellen. Umso prächtiger schwingt er sich in Telemanns Doppelkonzert für Viola da Gamba und Blockflöte (souverän: Xenia Löffler) – eine Paarung, die nicht nur im „dolce“ überschriebenen Satz zart miteinander verschmilzt. Ghielmi widmet sich auch dem Schaffen des letzten großen Gambenspielers Carl Friedrich Abel mit Solo-Stücken aus seiner Feder. Die Leichtigkeit, mit der hier emotionale Horizonte aufgerissen werden, kostet er mit nicht zu überhörender Wehmut aus. C. P. E. – der Berliner Bach – drängt in seiner Es-Dur-Sinfonie „prestissimo“ in eine neue Welt, zu einer Tonsprache, die nicht mehr altem Adel dient. Und sein Publikum außerhalb von Palästen findet. Die Akademie für Alte Musik legt dafür ein zutiefst überzeugtes, unmittelbar mitreißendes Bekenntnis ab (noch einmal heute, Mittwoch, 20 Uhr). Ulrich Amling

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