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Sir Simon Rattle dirigiert am Samstag am Kulturforum die Berliner Philharmoniker.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Berliner Philharmoniker Open Air 2016: Deftig, duftig, delikat

Die beste Band der Welt und tausende Zuhörer: die Berliner Philharmoniker beim Open Air am Kulturforum.

Zum Ausklang scheint der Sommer zurückzuzahlen, was er in diesem Jahr bisher schuldig geblieben ist. Mit Zinsen. Manchem wäre vielleicht eine Rückerstattung in bescheideneren Raten lieber. Am Platz vor der Philharmonie muss man auf der Suche nach Schatten bis zur Matthäus-Kirche zurückweichen, Schlangen bilden sich vor einer „H2O-Oase“, an der Gratis-Wasser ausgeteilt wird. Das ändert nichts an der Volksfeststimmung am Kulturforum. Schließlich schenken die Berliner Philharmoniker und ihr Sponsor den Hauptstadtbewohnern einen Tag nach der Spielzeiteröffnung ein Open-Air-Konzert. Tausende sind der Einladung gefolgt.

Den Brahms- und Dvorák-Interpretationen der „besten Band der Welt“ (Moderator Jörg Thadeusz) geht ein bewegender Auftritt des Syrian Expat Philharmonic Orchestra voraus. Der Kontrabassist Raed Jazbeh versammelt seit 2015 syrische Musiker, die aus ihrer Heimat in verschiedene europäische Länder geflohen sind, zu gemeinsamen Konzertprogrammen. Die Komponisten der aufgeführten Stücke treten dabei zumeist selbst als Solisten in Erscheinung. Die hinreißende Sängerin Racha Rizk präsentiert morgenländischen Belcanto, der fantastische, international erfolgreiche Klarinettist Kinan Azmeh hat neben einer stillen Trauermusik ein Werk mitgebracht, das gegen aktuelles Leid die ausgelassene Feststimmung bei einer syrischen Hochzeitsfeier beschwört.

Nachdem das Publikum von allen Seiten des Platzes mit Chorgesang erfreut und schließlich zum Mitsingen animiert wurde, betreten schließlich die Philharmoniker die Bühne. Die Feinheiten in Brahms’ zweiter Symphonie vermitteln sich unter den Bedingungen der unverzichtbaren elektronischen Verstärkung natürlich nur begrenzt. Deutlich wird aber doch, dass Sir Simon Rattle auch bei sommerlichem Anlass dem Gemeinplatz misstraut, hier habe der Komponist ein vorwiegend heiteres Werk geschrieben.

Den drei „Slawischen Tänzen“ von Antonin Dvorák zum Abschluss bleiben Orchester und Dirigent weder Delikatesse noch Deftigkeit schuldig. Ergreifend war’s – man wünscht sich eine Fortsetzung dieser noch jungen Philharmoniker-Tradition.

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