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Sophie Rois verlässt die Volksbühne - und erhält den Gertrud-Eysoldt-Ring.

© dpa/Soeren Stache

Berliner Volksbühne: Sophie Rois verlässt Dercons Volksbühne

Sie war eigentlich unkündbar: Doch jetzt geht die Schauspielerin - nach 25 Jahren. Einen Intendantenwechsel findet sie legitim, aber die Entscheidung für Chris Dercon nicht seriös.

Sie ist die letzte große Schauspielerin im fast nicht mehr existenten Ensemble und hat nun ihre Kündigung eingereicht: Sophie Rois verlässt die Volksbühne Ende Dezember, nach 25 Jahren im Ensemble. „Ich habe tatsächlich gestern meinen Abschied eingereicht“, sagte Rois in einer Interviewaufzeichnung des Senders HR2-Kultur am 2. Dezember. Eigentlich sollte die Sendung erst im Januar ausgestrahlt werden, nach Angaben der Volksbühnen-Intendanz war die neue Programmdirektorin Marietta Piekenbrock in Gesprächen mit der Schauspielerin – man wollte die Nachricht demnächst gemeinsam veröffentlichen. Nun kam es anders.

Sophie Rois, die in Kultstücken wie Frank Castorfs Dostojewski-Adaptionen, René Polleschs Prater-Produktion „Ein Chor irrt sich gewaltig“ oder Herbert Fritschs Komödieninszenierung „Die (s)panische Fliege“ gefeiert wurde, hatte sich zum Ende der Castorf-Ära ohnehin Gastierurlaub genommen. Im HR-Interview kritisiert sie die Ernennung Chris Dercons durch den damaligen Kulturstaatssekretär Tim Renner, dessen Entscheidungsfindung nicht seriös verlaufen sei.

Einen Intendantenwechsel halte sie für absolut legitim, so Rois. Aber sie sei nicht sicher „wie seriös oder unseriös es ist, einen Menschen als Theaterdirektor zu installieren, der ja nicht nur Verantwortung für sein eigenes Seelenheil hat, sondern auch für 250 Mitarbeiter und ein Riesenpublikum, und der nicht weiß, was eine Requisite ist – und das unterstelle ich ihm nicht, er hat das selbst gesagt“, betonte die 56-Jährige in Bezug auf Chris Dercon, dessen Ernennung als Nachfolger Frank Castorfs einen erbitterten Theaterstreit ausgelöst hat, weit über Berlin hinaus.

Schrumpfendes Ensemble: erst 27, dann elf, jetzt zwei

Das Volksbühnen-Ensemble hat nun noch zwei Mitglieder, Silvia Rieger und Sir Henry. Frank Castorf hatte das einst 27-köpfige Ensemble auf elf Stellen abgebaut. Acht Schauspieler waren mit dem Intendantenwechsel in diesem Sommer auf eigenen Wunsch oder einvernehmlich ausgeschieden.

Gerade erst war bekannt geworden, dass Sophie Rois im März 2018 mit dem renommierten, mit 10.000 Euro dotierten Gertrud-Eysoldt-Ring ausgezeichnet wird, für ihre Rolle als Hexe in Castorfs Abschieds-Inszenierung des „Faust“ an der Volksbühne. Die Jury will den Preis für die Frau mit dem "ungeheuren Spielwitz" auch „als ausdrückliche Würdigung für ihr langjähriges Bekenntnis zum Ensembletheater“ verstanden wissen. Angesichts der Kündigung entfaltet dieser Satz eine bittere Ironie. chp

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