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Luftig. Das „Küchenmonument“ vom „raumlabor“-Kollektiv.

©  A. Akhtar/Berlinische Galerie

Berlinische Galerie: Die Traufhöhe der Luftschlösser

Die Berlinische Galerie muss viele Monate schließen – darum lockt sie die Besucher nun mit einer begehbaren Blase vor ihrer Tür. Dort soll man eintreten und über Kommunikation im öffentlichen Raum nachdenken.

Große weiße Buchstaben auf pinkfarbenem Grund prangen an der Berlinischen Galerie: „Temporarily closed“ ist da zu lesen – vorübergehend geschlossen. Bis ins Frühjahr 2015 hinein haben die Werke von Liebermann, Dix und Baselitz mehr oder weniger ihre Ruhe in den verwaisten Museumsräumen, die Brandschutzanlage im Haus ist veraltet und muss erneuert werden. Einige wenige Räumlichkeiten stehen noch für Workshops zur Verfügung, ansonsten findet kein regulärer Betrieb statt.

Dieses Schicksal teilt das Museum mit manch anderem Berliner Kulturort, derzeit zum Beispiel dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt oder demnächst mit Teilen des Pergamonmuseums. Für all diese Kulturbaustellen mussten Konzepte entwickelt werden, die zumindest einen minimalen Ersatzbetrieb möglich machen. Das Konzerthausorchester dreht den Spieß um und kommt mit seinen Auftritten direkt in die Kieze der Stadt, als Ersatz für den Pergamon-Altar will man wenigstens einige Exponate in einer temporären Ausstellung in unmittelbarer Nähe zum Museumsbau zeigen.

Und um die Berlinische Galerie während der Umbau-Phase nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, wurden verschiedene Projekte im Außenbereich in Angriff genommen, zum Beispiel Gemeinschaftsgärten. Außerdem schloss man sich mit den Künstlern und Architekten vom „raumlabor Berlin“ zusammen. Deren erklärtes Ziel ist es, so Kollektiv-Mitglied Andrea Hofmann, „die Wahrnehmung des öffentlichen Raums zu verstärken und Orte neu zu betrachten.“ An der Berlinischen Galerie haben die Künstler dafür nun ihr „Küchenmonument“ aufgebaut.

Vor dem Eingang steht eine große Blasenkonstruktion aus einer festen Plane, die aufgrund ihres metallischen Eintrittsbereich aus der Luft betrachtet wie eine Glühbirne aussieht. Das transluzente Material der Installation ermöglicht keinen genauen Blick ins Blaseninnere oder aus ihm heraus, einzig Schemen lassen sich erkennen. „Eine Grenzerfahrung zwischen Öffentlichkeit und Privatheit“, findet Andrea Hofmann betont.

Die schwebende Folie erschafft so einen Raum von etwa 11 Metern Tiefe, in dem fast 100 Menschen Platz finden. Die Konstruktion wirkt zunächst sehr stabil und statisch, wird dann aber durch Windstöße oder die Bewegungen der Besucher in leichtes Schwanken versetzt, so dass manchmal sogar das Gefühl entsteht, sich auf dem Deck eines Schiffes zu befinden.

Nur langsam tasten sich die ersten Besucher in den Raum hinein, bleiben erst einmal im Eingangsbereich stehen, trauen sich erst nach und nach vorwärts in der Blase. Kinder blicken mit offenem Mund nach oben, verlieren aber sehr schnell ihre Berührungsängste und rennen durch die Installation.

Unter anderem in Hamburg, Liverpool und Warschau hat „raumlabor“ mit dem Projekt schon Halt gemacht. Nun ist Berlin dran – „endlich“, wie Galerie-Direktor Thomas Köhler erleichtert seufzt. Er verfolgt das Wirken der 1999 gegründeten Gruppe, seit sie bei der Einrichtung des Café Dix in den Museumsräumen gestalterisch Hand angelegt hat.

„Vor allem als Möglichkeit des Kontakts“ will Köhler das Projekt verstanden wissen. Den Vorteil der Installation sieht er darin, dass sie sich den äußeren Umständen sofort anpassen und von wirklich jedem als Kommunikationsfläche genutzt werden kann. Eben wie der heimische Esstisch, darum auch der Name „Küchenmonument“. Und so sind in den kommenden Wochen mehrere Aktionen geplant, die die Besucher miteinander ins Gespräch kommen lassen sollen, beispielsweise gemeinsame Mahlzeiten oder auch Diskussionsveranstaltungen. Da soll, wie man so sagt, die Blase zur Quelle für neue Ideen zur Gestaltung von Stadträumen werden.

Eintritt frei, weitere Informationen zum Projekt unter: www.berlinischegalerie.de

Moritz Eckert

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