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Kultur: Besuch beim Nobelpreisträger

Peter von Becker über Einstein, die Spieltheorie und die Folgen

Spielen wollen wir alle. Aber die „Spieltheorie“ versteht leider kein Mensch. Keiner, der nicht höhere Mathematik studiert hat. Trotzdem ist die „Game theorie“ berühmt – und schon wieder einen Nobelpreis wert. Den für Ökonomie. Als die drei amerikanischen Preisträger unlängst verkündet wurden und ich die Bilder der glücklichen Spieltheoretiker abends im Fernsehen sah, dachte ich: Den einen kennst du doch! Eric Maskin vom Institute for Advanced Study in Princeton.

Vor zwei Jahren, zum großen EinsteinJubiläum, bin ich nach Princeton gefahren, wo Albert Einstein 50 Jahre zuvor gestorben ist. Auf der Spurensuche nach Orten und Zeugen, nach seinem von einem verrückten Pathologen gestohlenen Gehirn und seiner letzten Liebe. Es fanden sich ein letzter lebender Freund des Genies, der Aufbewahrungsort der im Einweckglas zurückgekehrten Hirnreste, zudem wunderbare Briefe und witzig-erotische Gedichte für die letzte Liebe in einem vergessenen Ordner im Raritätenkabinett der Universitätsbibliothek von Princeton. Und Professor Maskin. Er ist der Besitzer des Hauses mit der legendären Adresse: Princeton, 112 Mercer Street.

Dort wohnte der Emigrant und Nobelpreisträger Einstein von 1935 an, die letzten 20 Jahre seines Lebens. Viele höchste Geister des 20. Jahrhunderts sind in dem unscheinbaren New-England-Haus verkehrt, aus der ganzen Welt kamen Briefe an diese Adresse. Heute kommen die Touristen aus aller Welt, lassen sich vor dem Gartenzaun fotografieren, an dem ein Schildchen hängt, „Private Residence“. Man hatte mir den Namen des jetzigen Bewohners genannt: ein studierter Mathematiker (wie Einstein), aber jetzt Wirtschaftswissenschaftler.

Professor Maskin empfing mich in seinem Büro im Institut, ein freundlicher Mittfünfziger, leger, an den Füßen Filzpantoffeln. Ja, es sei das Haus Einsteins, das zuletzt der Physiker Frank Wilczek bewohnte, in Einsteins alten Möbeln. 2004 hat auch er dann den Nobelpreis bekommen. Maskin überließ die Möbel einem Museum, und weil es das Privathaus seiner Familie ist, bleibt es der Öffentlichkeit verschlossen. Wie die Spieltheorie.

Bei der geht es um Handlungsoptionen, die „Agentennormalform“, das „Gefangenendilemma“ oder die nun nobel prämierte Variante des „Mechanismus-Designs“. Maskin hatte es im Gespräch auf die Formel gebracht: „Sie versuchen zu antizipieren, was ein möglicher Konkurrent oder Gegner macht.“ Daran hätten heute Firmen ebenso Interesse wie die Politik, Militärs – oder Menschen, die fremde Kulturen begreifen wollen. Danach öffnete Maskin mir doch sein Haus. Der neue Nobelpreisträger hat seinen Schreibtisch jetzt neben Einsteins ehemaligem Schlafzimmer, am selben Platz wie dieser. Im Musikzimmer sitzt der Theoretiker am Flügel und spielt, dort, wo Einstein geigte.

Relativität von Zeit und Raum.

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