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Kultur: Bettler, Engel und der innere Ausdruck

AUSSTELLUNG

Großzügig, mit kräftigen weichen Kohlestrichen modelliert Ernst Barlach die menschliche Gestalt. Es sind seelische Zustände, die der Künstler mit Feder, Bleistift und Kohle skizziert. Wie ein Leitfaden ziehen sich Zeichnungen durchs Barlachs Schaffen, zeitlebens hütete er seinen rund 2200 Blatt umfassenden Fundus. Er diente ihm als Formenreservoir für die plastische Arbeit. Das Georg Kolbe Museum gibt mit achtzig Blättern einen Einblick in Barlachs zeichnerisches Werk (Sensburger Allee 25, bis 31. Mai, Dienstag bis Sonntag, 10–17 Uhr, Katalog 34 Euro). Während die wenig bekannten Frühwerke eine Fülle graphischer Finessen und Stilexperimente aufweisen, zeichnet sich nach der an Schlüsselerlebnissen reichen Reise in die Ukraine 1906 ein stilprägender Wandel zur einfachen Form ab.

Von nun an sind seine Werke von unverkennbarer Prägung. Immer wieder erfasst er leitmotivisch einzelne Figurentypen, die – auf geometrische Grundformen reduziert – als Vorlage für monumentale Holzskulpturen dienten: Bettler, Engel, Propheten, Bauern und Hexen. Barlachs Gestalten sind bei aller Verklärung von irdischer Präsenz. Selbst die massigen Körper der Schwebenden – später umgesetzt im berühmten Güstrower Bronzeengel – lassen weniger an himmlische Boten denken als an erdverbundene Menschenkinder. Vereinfachung und Monumentalisierung kennzeichnen auch die späten Figurenfriese des politisch verfemten Künstlers. Sie verdeutlichen noch einmal, worum es Barlach letztlich ging: um innere Expressivität.

Petra Schröck

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