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Kultur: Biennale: Madonna, Björk und die Einsamkeit

Als junger Komponist aus dem DDR-Schaffen hervorgegangen, erfreut sich Steffen Schleiermacher weiterhin beachtlicher Zustimmung, obwohl oder weil sich seine Stücke nicht in Schubfächer einordnen lassen wollen. Der putzige Titel seines Auftragswerkes für die 18.

Als junger Komponist aus dem DDR-Schaffen hervorgegangen, erfreut sich Steffen Schleiermacher weiterhin beachtlicher Zustimmung, obwohl oder weil sich seine Stücke nicht in Schubfächer einordnen lassen wollen. Der putzige Titel seines Auftragswerkes für die 18. Musik-Biennale Berlin erzählt von der Überschreitung vermeintlicher Grenzen, indem er mit U-Diven und E-Komponisten jongliert: "Eher was für Madonna & Janet & Björk als für Nicolaus & Helmut & Hans." Die Musik des heute 40-jährigen Schülers von Friedrich Schenker und Friedrich Goldmann lässt die Trommel rühren, um dann Farben vom Einklang in die Heterophonie zu treiben.

Das aparte Instrumentarium des Trio Accanto, das sich mit seinem Namen neben das Übliche stellt, gibt in der Kombination von Saxophon, Schlagzeug und Klavier (Marcus Weiss, Christian Dierstein und Yukiko Sugawara) der Erfindung erstaunlichen Raum. Schleiermachers dreiteiliges Stück verdämmert als ausgesparter Satz, ohne dass Leerlauf gänzlich vermieden würde, singt dennoch eine rührende Weise auf dem Saxophon, unterlegt mit geheimnisvollen Sprechpartikeln aus dem Gettoblaster, der in diesem Fall dem Schlagwerker zugeteilt ist. Der zweite Satz mit seinem wiederholungsreichen, verfremdeten Nachsingeffekt scheint nach einem Videoclip zu rufen.

Dass die Matinee im Kleinen Saal des Konzerthauses am Gendarmenmarkt den Andrang auf die ersten Biennale-Konzerte verstörend unterbietet, muss mit einem Defizit an Interpretengold zu tun haben. Erschwerend kommt dazu, dass eine Entbehrlichkeit - "A shrub" - von dem Japaner Jô Kôndô eingeschoben wird, weil die kleine Truppe mit dem Auftragswerk Jörg Birkenkötters, "Drei Sätze und Coda", nicht fertig geworden ist. Modernistisch schwankt das Teilstück des Komponisten aus Dortmund zwischen eruptiver Energie - das Klavier als Schlagwerk! - und Beliebigkeit.

Stark dagegen im dramatischen Impetus und sicher ausgehört in ihren Reibungen stellt sich als weiteres Auftragswerk die "Monotonie: ich bin die Einsamkeit" von Manuel Hidalgo dar. Der andalusische Lachenmann-Schüler, der heute als freischaffender Komponist in Stuttgart lebt, genießt seit längerem internationale Anerkennung. So kündigen die Schwetzinger Festspiele für den kommenenden Mai eine Opernuraufführung von Hidalgo an: In "Bacon 1561 -1992" soll es um die beiden berühmten Menschen namens Francis Bacon gehen, den englischen Philosophen und Staatsmann des 16. Jahrhunderts und den irischen Maler des zwanzigsten, der uns näher steht.

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