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Kultur: Bilanz einer Tagung unter dem Titel "Die frau - die macht - der film"

Eine internationale Tagung unter dem Titel "die frau - die macht - der film"? Das klingt so, als wollte man geradewegs Leni Riefenstahl millenniumsgerecht verabschieden.

Eine internationale Tagung unter dem Titel "die frau - die macht - der film"? Das klingt so, als wollte man geradewegs Leni Riefenstahl millenniumsgerecht verabschieden. Dabei hatte doch nur der "Verband der Filmarbeiterinnen" zu seinem 20. Geburtstag geladen. Aber was heißt nur? Schließlich ist der Verband bis heute die einzige übergreifende berufsständische Organisation von Frauen im deutschen Filmgewerbe. Und 20 Jahre können fast ein Epochensprung sein. Das Gründungsjahr 1979 steht, mit der sandinistischen Revolution, für den letzten Aufbruch romantischer Hoffnungen in der Linken. 1979 war auch das Jahr, in dem die Britin Sally Potter mit "Thriller" feministische Filmtheorie in ein Stück Kino übersetzte - und doch auch eine Zeit, wo Frauen beim Filmemachen nur am Rande vorkamen. Der Wunsch Hille Sagels zum Beispiel, einer der Mitbegründerinnen des Verbandes, Kamerafrau zu werden, galt damals als Schnapsidee. Folglich forderten die Verbandsfrauen, 50 Prozent aller den Film betreffenden Plätze und Mittel Frauen zur Verfügung zu stellen.

Hille Sagel ist mittlerweile Kamera-Professorin. Und auch sonst hat sich einiges verändert. So ist der Anteil von Frauen an Aufnahmeleitungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen von 1989 bis 1999 von 16 auf 44 Prozent gestiegen, bei den Bildregisseurinnen sogar von null auf 33 Prozent. Doch von den Kameraleuten, die in Außenteams tätig sind, sind gerade mal zwei Prozent weiblichen Geschlechts. Und dass 164 von 656 Gremienstühlen von Frauen besetzt sind, ist nur den Über-Quotierungen etwa von NDR und Radio Bremen zu verdanken.

Das Ziel ist also längst nicht erreicht. Doch der Mangel ist weniger sichtbar. Die jungen Frauen heute stehen ein bisschen zu arglos in den Startlöchern. Die gesellschaftliche Perspektive ist, wie auch anderswo, dem Blick auf die individuelle Karriere gewichen. Das Erwachen kommt oft nach den ersten Berufsjahren, wenn viele der Filmerinnen samt Karriere in einem mysteriösen "schwarzen Loch" verschwinden. Solche Brüche machen es einer Organisation nicht leicht. Die Jugend bleibt fern. Die alten Kämpferinnen werden müde. Und stellen sich die bange Frage, ob so ein Verband überhaupt noch einen Zweck erfüllt.

Zweifel also, Unsicherheiten, auch ob des etwas verstaubt klingenden Programms, das von der Machtfrage über Europa und die Sexualität einen Rundumschlag ins "gestern, heute und morgen" zu machen versucht. Erste Überraschung: Erstaunlich viele auch junge Frauen kamen zu diesem Septemberwochenende in die Akademie der Künste. Zweite Überraschung: Es wurde richtig spannend. Nicht nur, weil der der Sexualität im deutschen Kino gewidmete Vormittag als launische Revue durch zwei Jahrzehnte feministische Debatten köstlich unterhielt. Von frauenbewegter Prüderie über die Aufforderung, die Dinge mal locker zu sehen, bis zu der ästhetischen Grundsatzfrage, ob das Geschlechtsteil denn nun schön oder hässlich sei: Alles wurde angesprochen. Und Einigkeit darüber erzielt, dass das, was im Kino gemeinhin an Sex zu sehen ist, Lust eigentlich nur zum Wegschauen macht.

Spannungen dagegen im Clash der Generationen, der an der Frage der Grenzziehung zwischen gesellschaftlicher und individueller Verantwortung verlief. Jammertanten gegen neue Einzelkämpferinnen. So weit, so langweilig. Interessanter die Frontüberschreitungen. Junge Frauen etwa, die sich über neue Denkansätze freuten. Vielleicht könnte der Verband genau hier eine wichtige Rolle erfüllen - als Forum, um Grenzlinien in Bewegung zu bringen.

Auch präzisere Auseinandersetzung wäre wichtig. Unreflektiert etwa wurde mit dem Begriff der Weiblichkeit operiert: Sei es nun die geäußerte Angst vor ihrem Verlust bei einigen jungen oder das Postulat ihrer Stärke bei älteren Frauen. Da wurde dann, ganz naiv, so getan, als hätte es 20 Jahre feministischer Debatten nicht gegeben. "Die" Frauen mag es - als politische Subjekte von Interessenvertretung - sehr wohl geben, "die Frau" aber, "das Weibliche" eben nicht; einen anderen Blick schon, aber keine weibliche Ästhetik.

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