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Kultur: Bilderansturm

Volles Haus bei der Eröffnung der Art Week.

Als André Schmitz, der Kulturstaatssekretär, gegen halb sieben über die Auguststraße flaniert, ist der Betrieb noch angenehm. Bratwurst und Bier gibt’s ohne Wartezeit, die Musiker spielen sich ein, in den Galerien und den Kunst-Werken herrscht mäßiger Andrang. Das ist gut, fördert die Konzentration, bei der Art Week Berlin mit ihren Ablegern und Anliegern, Raumschiffen und Satelliten muss man viel nachdenken, wo sich wer gerade befindet und wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. Ohne Handy ist diese Sechs-Tage-Woche nicht zu schaffen. Mit Handy auch nicht wirklich. Kleiner Trost: Die Ausstellungen in der Neuen Nationalgalerie, im Haus der Kulturen der Welt, in der Akademie der Künste etc. laufen länger.

„Painting Forever!“ lautet das Motto vom ganzen Großen, und der Beitrag der Kunst-Werke nennt sich „Keilrahmen“, es geht um Malerei, Leinwand, Pinsel und Farbe. Allmählich füllen sich die Räume, auf der Treppe wird es eng. Eine Dame mit österreichischem Idiom und dickem Make-up mault, das sei nun bestimmt das siebte Revival der Malerei, das sie miterlebe. Mit dem wienerischen Einschlag klingt das ebenso glaubhaft wie brutal. Dicht an dicht präsentiert die Ausstellung 74 Bilder in sogenannter Petersburger Hängung, was dann doch wieder wie eine Installation wirkt und einen relativ schwachen Gesamteindruck hinterlässt.

Kurz nach halb acht. Aus der Petersburger Hängung wird Berliner Bedrängung, aus der Auguststraße eine knackvolle Septemberstraße mit Oktoberfestcharakter. Nichts bewegt sich, alles steht. Wenn man nicht Klaus Wowereit heißt, mit Bodyguards unterwegs ist und eine Art Week eröffnen will, kommt man nicht mehr hinein. Der Weg hinaus aus den Kunst-Werken ist auch nicht leicht. Die halbe Stadt macht auf Vernissage und wird vom Erfolg erdrückt. Nichts sehen, aber gesehen werden. Früher gab es die Berlinale und sehr viele kleinere Festivals und Events. Da hat sich etwas verändert. Bei der Music Week und der Art Week ziehen Zehntausende umher. Es wechseln auch ständig die Labels. Art Forum ist nicht mehr, jetzt heißen die Kunstmessen Preview und abc. Nächstes Jahr wieder anders. Berlin hat wenig Industrie, aber viel Kultur und Dienstleistung und eine schier unerschöpfliche Ressource: Neugier. Rüdiger Schaper

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