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Eines der Fuchs-Bilder von Ottomar Anschütz.

© SMB/Kunstbibliothek

Bilderfund in Berlin: Anschütz-Fotografien kehren in Kunstbibliothek zurück

Die zehn Fotografien waren seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Jetzt wurden sie im Auktionshaus Bassenge entdeckt.

Kaum einer seiner Zeitgenossen hatte vorher jemals eine Fotografie eines fliegenden Storches gesehen, eines galoppierenden Pferdes. Auch die Aufnahmen, die jetzt aufgetaucht sind, dürften die Menschen im 19. Jahrhundert für ein Wunder gehalten haben. Insgesamt zehn Fotografien von Ottomar Anschütz (1846-1907) sind in die Sammlung der Kunstbibliothek der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zurückgekehrt.

„Wir haben die Bilder im Berliner Auktionshaus Bassenge entdeckt“, erzählt Ludger Derenthal, der die Sammlung leitet. Ein Fotohändler habe die Aufnahmen dem Auktionshaus angeboten, von ihrer Herkunft wusste er nichts. Als Derenthal den Händler aufklärte, dass die Bilder aus einer verlorenen Sammlung der Kunstbibliothek stammten, hat er sie freiwillig zurückgegeben.

Erfinder der Momentaufnahme

Die Kunstbibliothek hatte Ende des 19.Jahrhunderts 478 Fotografien von Anschütz angekauft. Die meisten davon gelten seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Die zehn aufgetauchten Bilder sind vermutlich um 1886 entstanden, einige in freier Wildnis, einige im Breslauer Zoo. Sie zeigen eine Serie von Füchsen. „Ottomar Anschütz gilt heute als einer der Erfinder der Momentaufnahme und als Kino-Pionier“, sagt Ludger Derenthal. „Wir sind sehr froh, diese Bilder wieder zurück zu haben.“ Anschütz entwickelte in den 1880er Jahren eine eigene Handkamera. Sie ermöglichte präzise Aufnahmen von bewegten Bildern, indem sie die Belichtungszeit radikal verkürzte. Eadweard Muybridge hatte zuvor in England eine ähnliche Technik entwickelt. Porträtierte mussten jetzt nicht mehr bis zu einer halben Stunde unbewegt sitzen bleiben.

Er schuf einen Vorläufer des Kinos

Anschütz fotografierte Pferde bei Manövern der preußischen Armee, dokumentierte die ersten Flugversuche des Ingenieurs Otto Lilienthal und zeigte erstmals Aufnahmen von Störchen, die ein Nest anfliegen. Mit seinem „Schnellseher“ schuf er einen Vorläufer des Kinos, der Bilder in Bewegung zeigte: Speerwerfer, zwei Zimmermänner, die frühstücken, rauchende Jungen. In Berlin besuchten Tausende diese Vorstellungen im Ausstellungspark Stadtbahnbogen und im alten Reichstagsgebäude in der Leipziger Straße.

Die zehn Fuchs-Bilder sind zur Zeit noch nicht öffentlich zu sehen. Interessierte können sich aber die Fotografien in der Sammlung des Studiensaals vorlegen lassen. Und Ludger Derenthal schließt nicht aus, dass es demnächst eine größere Ausstellung mit den Bildern geben wird.

Giacomo Maihofer

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