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Kultur: Bitte recht pünktlich

KLASSIK

Über „Also sprach Zarathustra“ lässt sich streiten. Sowohl über Nietzsches Vision vom neuen Menschen als auch über die Tondichtung von Richard Strauss, die blendend beginnt und dann an Profil verliert. Aber wer prächtige Orchesterklangfarben genießen will, kommt in der Philharmonie auf seine Kosten, wenn Kent Nagano alle Register des Deutschen Symphonie Orchesters nebst Saalorgel zieht. Noch delikater gerät György Ligetis „San Francisco Polyphonie“, ein Geburtstagsständchen für den 80-Jährigen. Nagano zeichnet feine Linien, bewegte Flächenkontraste, plastische Klangverbiegungen.

Aber die größte Herausforderung ist dann doch Beethovens Violinkonzert. Die kopfsatzlastige Großform, das heikle Verhältnis des Soloparts zum Orchester, die lyrischen Verästelungen – selten hört man das Werk wirklich schlüssig. Naganos klare, etwas distanzierte Herangehensweise harmonisiert nicht immer mit dem zuweilen süßlichen Ton der jungen Geigerin Viviane Hagner. Mit dramatischer Geste will sie aus den Solopassagen emporschnellen – und wird sachte abgebremst. Sie träumt in lyrischen Passagen; Kent Nagano erinnert höflich an das Tempo. Welch feine Dialektik: Durch die Ungereimtheiten formt sich das Verhältnis zwischen Solopart und Orchester, entwickelt sich eine eigentümliche Spannung.

Ulrich Pollmann

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