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Kultur: "Blickpunkt Mauer - im Film": Besuch aus der Zone

Über alle möglichen Aspekte der deutschen Geschichte - von der Reichsgründung bis zur RAF - sind Filme gedreht worden, die selbst Geschichte gemacht haben. Eine Ausnahme bildet kurioserweise die Berliner Mauer.

Über alle möglichen Aspekte der deutschen Geschichte - von der Reichsgründung bis zur RAF - sind Filme gedreht worden, die selbst Geschichte gemacht haben. Eine Ausnahme bildet kurioserweise die Berliner Mauer. Man kann zwar mit diesem Thema eine Retrospektive bestreiten, und die von der Bundeszentrale für politische Bildung organisierte Veranstaltung "Blickpunkt Mauer - im Film" (bis zum 10. August im Kino Toni am Antonplatzin Berlin-Weißensee) ist unbedingt zu empfehlen. Doch ihre ergiebigsten Beiträge sind Wochenschauen wie "Der Augenzeuge" oder Fernsehfilme wie "Besuch aus der Zone". Den großen epochalen Kinofilm zur deutschen Teilung gibt es nicht.

Zum Auftakt der Filmgesprächswoche nennt Wilhelm von Kampen vom Bundesarchiv einen Grund für die emotionale Distanz bei der Behandlung des Themas. Nach der Devise "Freundlichkeit sichert den Frieden" betrieben die Westmedien Annäherung statt Anklage. Aufwühlende Filme über Maueropfer hätten eine Annäherung behindert. Und vielleicht hätten sie sogar der DDR-Opposition geschadet. Für die Paranoia der bundesdeutschen Medien, die uns heute ziemlich fremd erscheint, zeigt der Historiker Gunter Holzweißig Verständnis. Opfer des Stalinismus, die in den Westen gelangt waren, prägten das Bild von der DDR. Außerdem gab es Hunderte von Entführungen, alle in Richtung Osten. Distanzierter betrachtet Peter Hoff, der sich intensiv mit Fernsehspielgeschichte befasst, den kalten Krieg, der für ihn vor allem ein Medienkrieg war. Das Fernsehen, anfangs nicht ernst genommen, wurde in den fünfziger Jahren zunehmend für politische Zwecke instrumentalisiert. Da das DDR-Fernsehen nicht mit Konsumgütern werben konnte, betrieb es "Lifestyle-Propaganda" (Hoff). Dem Volk wurde die Pflege sozialer Beziehungen nahegelegt. Wo nicht das Geld den Alltag bestimmt, könne sich der Charakter besser entwickeln. Darin sah auch Wolfgang Kohlhaase eine Chance. Der Drehbuchautor begrüßte damals den Mauerbau und machte sich in dem Film "Sonntagsfahrer" (1963) sogar über eine gescheiterte Republikflucht lustig. "Diese Geschichte ließ sich nicht komisch erzählen", gibt er heute zu. "Der Grundeinfall ist unzulässig". Von Kampen tröstet ihn mit dem Hinweis auf Billy Wilders "Eins, zwei, drei", der nach dem Mauerbau ebenfalls als Geschmacklosigkeit empfunden worden ist. Doch eine positive Neubewertung der "Sonntagsfahrer" kann sich Kohlhaase nicht vorstellen.

Weitere Filme, über die in den nächsten Tagen diskutiert werden soll, sind der von Will Tremper geschriebene "Verspätung in Marienborn" (1963), Sibylle Schönemanns "Verriegelte Zeit" (1990) und die Ost-West-Teenie-Love-Story "Wie Feuer und Flamme". Etwas mehr Pep könnten die Gesprächsrunden allerdings noch bekommen; die erste verläuft ein wenig zu nett, zu ausgewogen. Man muss ja nicht gleich Karl-Eduard von Schnitzler als Gast einladen, aber ein paar radikalere Positionen wären doch hilfreich.

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