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Forensiker untersuchen den Lkw.

© dpa/ROLAND SCHLAGER

Bochum: Theateraktion zum Flüchtlingsdrama: Spiel mir das Stück vom Tod

Das Bochumer Theater will Passanten in einen Lkw sperren, um an das Flüchtlingsdrama in Österreich zu erinnern, bei dem 71 Menschen erstickten. Eine Performance, die jede Pietät vermissen lässt.

Sie sind elend erstickt in einem Kühllastwagen, Männer, Frauen, Kinder. An einer Autobahn in Österreich hat man vergangene Woche das Fahrzeug mit 71 toten Flüchtlingen gefunden. Boulevardblätter veröffentlichten – gegen jedes Gefühl für Menschenwürde – ein Foto, das die offene Hecktür zeigt. Und die Opfer.

Anklage oder Sensationsmache? Publicity für wen? Mit radikalen Mitteln arbeiten auch Künstler, wenn sie sich mit der grausigen Realität beschäftigen. Sie fertigen Kopien des realen Schreckens, um die Öffentlichkeit also zu „sensibilisieren“ und „aufzurütteln“. Kürzlich inszenierte das „Zentrum für politische Schönheit“ in Berlin Bestattungen. In den Särgen, die medienwirksam in die Erde gelassen wurden, sollen sich die sterblichen Überreste von Flüchtlingen befunden haben. Ob das stimmt, lässt sich nicht sagen. Aber schon das Ritual – selbst wenn die Särge leer waren – wirft die Frage nach dem Verhältnis von Pietät und Performance auf.

Kunst will jetzt direkt politisch sein, kaum eine Institution mag sich nachsagen lassen, sie hätte weggeschaut. Hier geht’s mal richtig zur Sache: Das Schauspiel Bochum will am heutigen Mittwochabend einen Lkw vor ihrem Theater parken. Eben so einen wie den, in dem die 71 Flüchtlinge starben. Ein Spediteur ist an der Aktion beteiligt. Wofür soll man das jetzt halten? Wer den Mut habe, könne in den fünfzehn Quadratmeter großen Laderaum steigen „und für einen kurzen Moment erleben, wie es sich anfühlt, wenn die Türen sich schließen“, erklärt das Schauspielhaus. Als Kunst soll das aber nicht verstanden werden. Der leitende Dramaturg Olaf Kröck meint: „Es ist nur ein kleiner Versuch, mal etwas zu versinnlichen, was wir im Moment ständig auf dem Tisch liegen haben.“

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Den Tod versinnlichen?

Versinnlichen? Den Tod von 71 Menschen in einem Lkw? Wie stumpf muss der Mann sein – uns was ist seine Vorstellung von Empathie? Diese Denkweise macht deutlich, warum Syrer und Afghanen nach Deutschland fliehen: Hier geht es uns Menschen so gut, fühlt man sich so sicher und fett, dass man den Tod auf der Flucht mal eben nachstellt und nachspielt. Ein bisschen ersticken und einen schönen Abend noch.

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