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Kultur: Bonn Appetit

Bernhard Schulz spekuliert über die Bundeskunsthalle

Die Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik in Bonn ist ins Schlingern geraten. Sechs Millionen Euro Defizit, über Jahre hinweg unter der Hand angehäuft, sind mit einem Mal offenbar geworden und stellen die Zukunft des Hauses in Frage.

Bonn, das ironischerweise erst zu einem Zeitpunkt mit hauptstadtwürdigen Kultureinrichtungen wie der Kunsthalle und dem Haus der Geschichte ausgestattet wurde, als es die Hauptstadtfunktion an Berlin zurückgeben musste, konnte von diesen Einrichtungen bis heute profitieren. Doch das politische Umfeld hat sich gewandelt. Die unbeugsamen BonnBefürworter von 1991 sind im Ruhestand, nachgewachsen ist eine Generation von Abgeordneten, die sich mit Berlin nicht im Mindesten schwertut. Ihnen stellt sich die Frage, was die Sondereinrichtung in Bonn noch soll. Der Bund betreibt Kultureinrichtungen dem Grundsatz nach nur in seiner Hauptstadt. Die Bonner Kunsthalle spielt regional eine große Rolle, sie ist attraktiv und hat mit ihrem gut dotierten Etat stets besucherträchtige Ausstellungen einzurichten gewusst.

Mit dem Finanzdebakel aber kommen die Fragen. Sollte die Kunsthalle nicht dort sein, wo die Politik ihre Staatsgäste empfängt, wo das Schaufenster des ganzen Landes sich befindet, wo Besucher aus allen Winkeln der Republik ihre Hauptstadt in Besitz nehmen? Böte das künftige Humboldt-Forum im wiederzuerrichtenden Schloss nicht den richtigen Platz, um durch eine Kunsthalle ergänzt zu werden? Oder gibt es nicht bereits den Gropius-Bau, diesen herrlichen Palazzo, der bislang unter fehlenden Mitteln und unzulänglicher Organisationsstruktur leidet? Dort sind in zunehmender Zahl Ausstellungen zu besichtigen, die die Bundeskunsthalle organisiert und finanziert hat. Warum dreht man die Reiseroute nicht um und lässt die Ausstellungen erst in Berlin beginnen, ehe sie in Bonn nochmals Zuschauer sammeln – wenn überhaupt?

Mit dem Bonner Haus verbindet mittlerweile kein Besucher mehr die Kulturrepräsentanz des Bundes, die einst den Anlass zu seiner Gründung gab. Diese Repräsentation ist an den Ort der Hauptstadt gebunden, wie in London, Paris oder Wien. Die notwendige finanzielle Sanierung der Kunsthalle wird der Bundestag nicht so nebenbei gewähren. Er wird sich fragen, wofür die 16 Millionen Euro gedacht waren, die alljährlich nach Bonn überwiesen werden. Gewiss nicht, um damit lokale Freiluftkonzerte zu bezahlen, wie in der Vergangenheit defizitträchtig geschehen. Sondern um zu zeigen, was die Bundesrepublik kulturell zu bieten hat. Dort, wo die Musik spielt.

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