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Kultur: Botschafter ihres Landes

staunt über ein sehr exklusives Festival Fünfzehn Filme aus fünfzehn Ländern – kann man solch bunten Querschnitt von Einzelstücken ein Festival nennen? Das Iberoamerikanische Filmfestival (ab morgen im Babylon Mitte) mit Beiträgen von Portugal bis Brasilien, Chile bis Mexiko gibt gar nicht erst vor, die jeweiligen Filmkulturen angemessen zu vertreten, sondern setzt in jedem Einzelfall auf nationale filmpolitische Repräsentanz.

staunt über ein sehr exklusives Festival Fünfzehn Filme aus fünfzehn Ländern – kann man solch bunten Querschnitt von Einzelstücken ein Festival nennen? Das Iberoamerikanische Filmfestival (ab morgen im Babylon Mitte) mit Beiträgen von Portugal bis Brasilien, Chile bis Mexiko gibt gar nicht erst vor, die jeweiligen Filmkulturen angemessen zu vertreten, sondern setzt in jedem Einzelfall auf nationale filmpolitische Repräsentanz. Kein Wunder, die Filme wurden nicht wie üblich von einer Auswahlkommission gecastet, sondern von den Botschaften selbst, nach Rücksprache mit den kulturministeriellen Institutionen ihrer Heimatländer. So sagt die Auswahl vor allem etwas über das kulturelle Selbstverständnis der beteiligten Institutionen aus, vorausgesetzt, es standen jeweils überhaupt mehrere Filme zur Auswahl. Denn hier – auch das etwas Besonderes – sind auch sonst international fast inexistente Filmländer wie Paraguay, Ecuador oder Costa Rica mit von der Partie: Aus letzterem kommt die korruptionskritische Kriminalgroteske Asesinato en El Meneo von Óscar Castillo (am Freitag), aus Bolivien reist Regisseur Diego Torres persönlich mit Alma y el viaje al mar an (am Montag). Hervorzuheben auch die bildgewaltige brasilianische Romanverfilmung Lavoura Arcaica/ To The Left of The Father von Luiz Fernando Carvalho, die für die Kameraarbeit von Walter Carvalho beim Festival von Bitola den Großen Preis erhielt (am Dienstag).

Odessa ist seit Sergej Eisenstein eine der berühmtesten Filmkulissen weltweit. Die Treppe steht immer noch. Doch fast 90 Jahre nach der Oktoberrevolution und 13 Jahre nach der Unabhängigkeit der Ukraine ist die zweitgrößte Stadt des Landes an einem Tiefpunkt angekommen: Lebensstandard und -erwartung sinken ständig, es gibt immer mehr Alkoholismus und leicht erhältliche harte Drogen – und damit nimmt auch die Aids-Rate zu. Nach Schätzungen der WHO ist jeder achte Einwohner der Hafenstadt mit dem HIV-Virus infiziert. Noch erschreckender: Die Kranken werden von der Gesellschaft aufgegeben und allein gelassen. Und wo es keine Behandlung gibt, fehlt auch der Anlass für die Kranken, sich um die Feststellung der Krankheit zu bemühen: ein Teufelskreis.

Der Berliner Filmemacher Karsten Hein hat nach gründlichen Recherchen eine 77-minütige Dokumentation über die Aidskranken von Odessa gedreht: So wollen wir nicht sterben – AIDS in Odessa . Wie stark tabuisiert die Krankheit dort ist, zeigt die Tatsache, dass die meisten Gesprächspartner nur unter der Bedingung mitwirken wollten, dass der Film in ihrer Heimatstadt nicht gezeigt wird. Das ist bitter, denn gerade das wäre doch auch Sinn. Vielleicht aber führt über den Umweg Berlin etwas Aufmerksamkeit nach Odessa zurück. Schließlich liegt die Ukraine jetzt an der neuen Außengrenze der EU (Donnerstag und Freitag im Filmkunsthaus Babylon, Freitag Gespräch mit dem Regisseur).

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