zum Hauptinhalt

Kultur: Bratwurstrock

Lynyrd Skynyrd spielen in der Zitadelle Spandau.

Auf der Bühne der Zitadelle Spandau dampft es ordentlich. Erst einmal aus der Nebelmaschine, dann aus den drei Gitarren von Lynyrd Skynyrd. Wie eine Bande zerknitterter Outlaws sehen sie aus, die noch eine Rechnung offen haben: sieben Männer mit Bärten, Matten, Hüten. Hinter ihnen die Lautsprechertürme. „I ain’t the One“, ruft Johnny Van Zant. Und er ist auch tatsächlich nicht derjenige, der den Song schon 1973 gesungen hat, auf dem exquisiten ersten Album von Lynyrd Skynyrd, dieser einst so energiegeladenen Band aus Gainsville, Florida. Das war sein älterer Bruder Ronnie, der die meisten Songs schrieb und 1977, drei Tage nach dem Erscheinen des dritten Albums „Street Survivors“, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Zwei weitere Musiker starben, der Rest der Band wurde schwer verletzt. Es war das Ende von Lynyrd Skynyrd, der bahnbrechenden Band, die neben den Allman Brothers mit einer knorrigen Mixtur aus Blues, Boogie und Country das Genre „Southern Rock“ aus der Taufe hob. Auf der Bühne der Zitadelle stehen nicht die echten Lynyrd Skynyrd, die auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs eine herausragenden Live-Band waren, sondern eine matte Revival-Band, eine Tribute-Truppe, in der als einziges Gründungsmitglied nur noch der Gitarrist Gary Rossington übrig geblieben ist. So schnell wie der Bühnennebel verweht ist, sind auch Dampf und Energie dieser neuesten Inkarnation verpufft.

Sicher, sie klingen immer noch nach Lynyrd Skynyrd, und sie spielen bis auf einen neueren Song ausschließlich Stücke aus dem Katalog von vor 1977. Routiniert und professionell machen sie das, mit Zwillings- und Drillings-Gitarrenattacken und Fan-Animationen. Doch alles wird lustlos und fahrig runtergespult. „Any diehard Skynyrd fans here?“, fragt Van Zant ins übersichtliche Auditorium, wo sich ledrige Gestalten kumpelhaft auf die Schultern schlagen, die Fäuste recken und raukehlige Chöre anstimmen. Es riecht nach Bratwurst, Bier und süßlichen Kräutern. Passenderweise singt Van Zant „That Smell“, Gitarrist Rickey Medlock wirbelt um die eigene Achse und sieht aus wie Klaus Kinski. „Gimme Three Steps“ rockt einigermaßen, und „They Call Me The Breeze“ von J.J. Cale rollt ganz schön. Zu „Sweet Home Alabama“, dem Hit von 1974, stapft Johnny Van Zant mit Südstaatenwimpel am Mikrostativ über die Bühne. Ein bisschen traurig, das alles. H.P. Daniels

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false