zum Hauptinhalt

Kultur: Brecht hat es gewusst

Müssen die nie arbeiten? Die Frage stellt man sich als Kinogänger immer wieder.

Müssen die nie arbeiten? Die Frage stellt man sich als Kinogänger immer wieder. Superman fängt abstürzende Flugzeuge auf, aber Artikel verfasst er nie, obwohl er in seiner Nebenexistenz Reporter sein soll. Niemand in seiner Redaktion stört sich daran, dass er unbeholfen herumsteht. Arbeit im Kino – sie existiert entweder nicht oder wird völlig unrealistisch dargestellt. Ist das Thema zu langweilig?

Allemal ist es mutig, eine Filmreihe zu veranstalten, die sich mit der Arbeit befasst. Die Freunde der Deutschen Kinemathek e.V. sind für das Initiativprojekt „Arbeit in Zukunft“ verantwortlich, das von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt wird. Es ist als bundesweite Ausschreibung konzipiert; Bewerbungsschluss ist der 15. Oktober. Einen Vorgeschmack bietet das StartUp Festival , in dessen Verlauf von Freitag bis Sonntag im Arsenal 75 Kurz- und Langfilme sowie vier Installationen zu sehen sind (genauere Angaben unter www.fdk-workinprogress.de). Wie bei den Filmreihen zur Psychoanalyse gilt auch hier das Jahr 1895 als Fixpunkt: Damals präsentierten die Gebrüder Lumière Aufnahmen von Arbeitern beim Verlassen der Fabrik. Arbeiterinnen wurden überwiegend als Opfergruppe dargestellt, aber der schwedische Stummfilm Weibliche Junggesellen (1923) zelebriert die berufliche Tätigkeit von Frauen als frei gewählten Lebensstil, und in Helke Sanders Eine Prämie für Irene (1971) wehren sich Fabrikarbeiterinnen gegen ihre Ausbeutung, indem sie eine Überwachungskamera demolieren. Unter den neueren Beiträgen ragt der norwegische Kurzfilm Roswell Enterprises heraus: Janic F. Heen schildert darin die Begegnung von zwei angehenden Top-Managern im Waschraum. Der Selbstmordversuch eines dritten Bewerbers stellt sie vor die Entscheidung: Sollen sie erste Hilfe leisten oder pünktlich zum Vorstellungsgespräch erscheinen?

Arbeit um jeden Preis muss nicht sein, lautet die Botschaft der Langzeitstudie Das halbe Leben , in der fünf Arbeitsuchende von einem Coach begleitet werden, der sie lehrt, ihren persönlichen Vorlieben und nicht aufgezwungenen Normen zu folgen. Auf keinen Fall sollte man unterwürfig auftreten, das hat Brecht schon 1932 klargestellt. In dem von ihm geschriebenen Film Kuhle Wampe (Sonntag und Dienstag im Babylon Mitte ) ermahnt ein Vater seine Tochter: „Mit Unhöflichkeit kriegt man keine Arbeit.“ Darauf sie: „Mit Höflichkeit auch nicht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false