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Kultur: Briefmonopol der Post: Markenzeichen

Wenn die Zeiten schlechter werden, kämpfen Unternehmen im Wettbewerb gern mit härteren Bandagen. Auch die Deutsche Post AG spürt die lahme Konjunktur - und versucht, sich lästige private Konkurrenten vom Leib zu halten, die ihr im lukrativen Briefgeschäft Marktanteile streitig machen könnten.

Wenn die Zeiten schlechter werden, kämpfen Unternehmen im Wettbewerb gern mit härteren Bandagen. Auch die Deutsche Post AG spürt die lahme Konjunktur - und versucht, sich lästige private Konkurrenten vom Leib zu halten, die ihr im lukrativen Briefgeschäft Marktanteile streitig machen könnten. Geholfen hat ihr dabei zunächst die Politik. Nun soll auch noch die Justiz dem mehrheitlich staatseigenen Unternehmen zur Seite stehen. Doch die Konkurrenz schläft nicht, sondern wehrt sich und droht sogar lautstark mit einem Gang zum Bundesverfassungsgericht.

Streitpunkt ist das Monopol der Deutschen Post im Briefmarkt. Allein der gelbe Riese darf Briefe bis zu 200 Gramm und Massensendungen bis zu 50 Gramm Gewicht befördern - dieses Exklusivrecht hat die Bundesregierung erst vor wenigen Wochen bis 2007 verlängert. Private Konkurrenten haben nur zwei Möglichkeiten, in den Postmarkt einzudringen: Entweder befördern sie schwerere Sendungen, oder sie bieten dem Briefeschreiber einen "Mehrwert", indem sie garantieren, die Sendungen nach 17 Uhr bei ihm abzuholen und bis um zwölf Uhr am folgenden Tag dem Empfänger zuzustellen. Es geht um einen bedeutenden Markt: Rund 15 Milliarden Mark ist der geschützte Markt schwer, zwei Drittel ihres Gewinns zieht die Deutsche Post aus ihm. In Deutschland werden täglich rund 70 Millionen Briefe verschickt, nur zwei Prozent davon laufen über Post-Konkurrenten.

Ohnehin sind die privaten Anbieter pikiert. Sie hatten darauf gesetzt, den Logistikmarkt ab Anfang 2003 aufmischen zu dürfen - da sollte das Postmonopol ursprünglich fallen. Auf Betreiben von Wirtschaftsminister Werner Müller verlängerte die Koalition das Monopol jedoch kurzerhand. Viele Anschaffungen und Planungen der Privaten erwiesen sich damit als Fehlinvestition.

Das reicht der Deutschen Post offenbar nicht. "Fast allen privaten Anbietern macht die Post bei der Bonner Regulierungsbehörde die Lizenz zur Briefbeförderung streitig", klagt Ralf Wojtek vom Verband "Mehr Farbe im Postmarkt", einem Zusammenschluss von Logistikfirmen. Der Grund: Die Post bezweifelt, dass die kleinen Firmen dem Kunden einen Mehrwert bieten - denn die von ihr beförderten Sendungen seien zu 95 Prozent am Folgetag beim Empfänger. "Wir verteidigen nur unsere Rechte", beteuert Post-Sprecher Jürgen Blohm. Sein Gegenpart Wojtek vermutet jedoch Ärgeres. "Die Post will kleine, weniger kapitalstarke Unternehmen aushungern und aus dem Markt drängen." Nach seinen Angaben mussten seit 1999 rund 80 Firmen wegen Klagen der Deutschen Post den Betrieb einstellen. Derzeit gebe es noch rund 140 bis 160 private Anbieter mit rund 30 000 Beschäftigten.

Nun haben die Privaten zum Gegenschlag ausgeholt. Mit einem eigenen Gutachten wollen sie beweisen, dass die mit der gelben Post beförderten Briefe deutlich langsamer unterwegs sind, als es der Teil-Monopolist vorgibt. Demzufolge kamen von 2000 zwischen 16 und 17 Uhr eingeworfenen Test-Geschäftsbriefen nur 70 Prozent am nächsten Tag beim Empfänger an, in der Stunde darauf sind es nur noch rund 50 Prozent. Von den zwischen 18 und 19 Uhr eingeworfenen Sendungen erreichten nicht einmal 20 Prozent am nächsten Tag den Empfänger. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass im Schnitt 80 Prozent der Briefe am Folgetag im Empfänger-Briefkasten liegen müssen - diese Marke verfehle die Post jedoch. Die Konsequenz: Der Bund müsse die Geschäftsbriefe vom Monopol ausnehmen und damit den Markt öffnen, fordern die Post-Konkurrenten. Die Deutsche Post beeilte sich, die Studie als "unseriös" zu torpedieren.

Wer nun Recht hat, muss die Regulierungsbehörde in Bonn entscheiden. Auch die testet regelmäßig, wie schnell die Deutsche Post Briefe befördert. "Durchschnittlich 86 Prozent von 300 000 Test-Briefen im ersten Quartal" träfen rechtzeitig ein, sagt Behördensprecher Rudolf Boll - weniger also, als die Post vorgibt, jedoch mehr, als die Privaten ermittelt haben wollen.

Damit wollen sich die privaten Anbieter nicht zufrieden geben - sie wollen gegen das Postmonopol klagen. "Zur Not bis zum Bundesverfassungsgericht" würden die Mitgliedsfirmen gehen, kündigte Verbands-Sprecher Wojtek an.

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