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Kultur: Brüllen sagt noch gar nichts

THEATER

Zum Auftakt einer kleinen Reihe mit polnischen Theatergastspielen im Hebbel am Ufer („ Polski Express “) zeigte Wlodzimierz Staniewskis Truppe aus Gardzienice im HAU 1 „ Szenen aus Elektra “. Das Publikum sitzt hinter dem Eisernen Vorhang auf der kleinen Bühne des Hebbel Theaters und Staniewskis Schauspieler nutzen den so entstehenden intimen Rahmen für ein aufgedrehtes Jahrmarktspektakel, in dem „Elektra“ umstandslos in greller Kitschfolklore entsorgt wird. Ausgiebig darf mit den Augen gekullert und mit den ausgestreckten Armen gefuchtelt werden, die hyperventilierend ausgespuckten Sätze untermalt man gerne mit expressionistischen Eurythmie-Übungen, die in ihrer schwitzenden Bedeutungsschwere die Grenze des unfreiwillig Komischen mehr als nur streifen.

Archaische Masken verweisen darauf, dass wir es hier mit der Bearbeitung einer antiken Tragödie zu tun haben, die leider auf eine Ansammlung exaltierter Posen zusammenschrumpft. Besonders heiter ist Frau Elektra anzusehen, die dazu neigt, sich auf dem Boden zu wälzen oder sich zur Begleitung ihrer Schreckensrufe an die Brust zu schlagen und mit dem langen Haupthaar zu wedeln. Herr Orest, ein Mensch mit der Aura eines verlebten Studenten, dem die Haare langsam ausfallen, hat sich auf ein munteres Röhren und Stöhnen verlegt. Das bei weitem Erfreulichste an der Darbietung war ihre höfliche Länge von gerade 45 Minuten. So konnte man sich anschließend in der netten Lounge, die der „Club der polnischen Versager“ im HAU 2 eingerichtet hatte, bei den schön schrägen Klängen einer bestens aufgelegten Krach-Kapelle erholen. (Wieder: 23., 24.1.)

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