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Kultur: Bruno Preisendörfer über die Messlatte der Intellektuellen

Der Deutsche und sein Humor, das ist eine entsetzliche Geschichte. Meistens läuft es auf Rucki-Zucki, Balla-Balla oder ganz auf Ballermann hinaus.

Der Deutsche und sein Humor, das ist eine entsetzliche Geschichte. Meistens läuft es auf Rucki-Zucki, Balla-Balla oder ganz auf Ballermann hinaus. Im Schlagerwesen hat es, Hossa, auch schon "Skip du bi du" gegeben. Neuerdings geben auch Intellektuelle damit an, dass sie - "Hadde wadde" dagegen? - auf die Blödonkel unter den Medienpappnasen abfahren. Hier liegt aber ein Missverständnis vor - von wegen "intellektuell": Man läuft einfach humorvoll mitbrüllend unter der Latte durch, die mit "Intellektualität" gelegt ist. Beobachten lässt sich das auch am BB-Journalismus (nein, nicht Bertolt Brecht, in solchen Zeiten leben wir nicht). Der sogenannte "intelligente Mensch" kommt sich wahnsinnig aufgeschlossen vor, sobald er auch für "diese Form moderner Unterhaltung" offen ist. Man bringt es fertig, in einem Atemzug über die neueste Babyintrige der Containermenschen zu räsonieren und danach ein Plädoyer für "die neue Elite" zu halten, zu der man sich selbstverständlich rechnet. Ich finde diese Infantilausgabe des "Elitären" eigentlich immer ganz süß. Wenn man sich aber doch mal darüber lustig macht, hört man sofort: "Du bist aber arrogant." Na hoffentlich.

Infantilität auf Supermachtniveau spielte bei dem Roman "Primary Colors" eine große Rolle, der 1996 für Schlüssellochfurore sorgte, weil es um eine pikante Darstellung des Clinton-Wahlkampfes ging. Das Buch trug ein Motto von Machiavelli: "Die Menschen urteilen im allgemeinen mehr nach dem, was sie mit den Augen sehen, als nach dem, was sie mit den Händen greifen." Sehr süffisant. Finden Sie nicht? Denken Sie doch an Monika. In diesen Tagen erscheint vom "Anonymus" des damaligen Romans, inzwischen "enttarnt" als der amerikanische Star-Kolumnist Joe Klein, ein neues Buch. Es heißt "Im Namen der Ehre". Für die öffentliche Präsentation müsste ich Sie aber nach München schicken. Bei uns fährt Joe Klein nur für seinesgleichen, also "presseöffentlich", in den 18. Stock des Springerhochhauses und guckt auf die Berliner runter. "Der ist aber arrogant." Na sehen Sie.

Aber da kennen wir nichts. Da kontern wir knallhart - mit Fontane. "Beobachtungen und Betrachtungen aus der Hauptstadt" gibt es heute Abend um 20 Uhr im Musikclub des Schauspielhauses am Gendarmenmarkt. Schauen wir mal nach, was Fontane am 17. Mai 1882 gemacht hat: "Gearbeitet: Schach v. Wuthenow. Besuch bei Baron Maltzahn, Adjutanten des Prinzen Friedrich Karl. Gearbeitet. Abendspaziergang. An Baron Maltzahn geschrieben. Gelesen."

Was es künftig von Berliner Schriftstellern zu lesen gibt, kann man sich im Literarischen Colloquium erzählen lassen. Am Freitag um 20 Uhr werden von Ursula Krechel acht Autorinnen und Autoren vorgestellt, die in diesem Jahr eine Stipendium für die renommierte Prosawerkstatt bekommen haben. Und Thomas Brovot präsentiert zehn Stipendiaten der Übersetzerwerkstatt. Am Samstag um 20 Uhr gibt es im Literaturhaus "Geschichten aus der Geschichte", diesmal mit einem der Star-Autoren aus jener Zeit, in der die "Lateinamerikaner" noch richtig "Kult" waren, obwohl man das damals nicht so genannt hat. Carlos Fuentes und sein Roman "Die Jahre mit Laura Diaz" werden von Michi Strausfeld vorgestellt.Aus der Serie: "Babel & Co"

Aus der Serie: \"Babel & Co\"

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