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Kultur: Buback, ein Nachruf

Axel Vornbäumen über den RAF-Mord vor 30 Jahren

Die Täter sind der Kick, hat Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, kürzlich in einem Gespräch mit dem SZ-Magazin zugegeben – die Opfer, nun, vielleicht ein bisschen langweilig, jedenfalls vom künstlerischen Standpunkt aus gesehen. Donnerwetter, so lassen sich Schieflagen auch plausibel erklären, in der hitzigen Debatte um das Phänomen RAF, und wer sich an dieser Trennschärfe stört zwischen Böse und Gut, künstlerisch wertvoll und belanglos, der schlage bitteschön bei Shakespeare nach. Dem ging es zeitlebens auch nur um die Aktiven. So ist man auf der sicheren Seite.

Siegfried Buback wollte das nie sein. Heute vor 30 Jahren war er das erste Opfer jener von der RAF ausgerufenen Terror-„Offensive 77“, die ein paar Monate später zum „Deutschen Herbst“ führen sollte. Buback, Generalbundesanwalt, starb im Kugelhagel der Terroristen, die er selbst verfolgte. Wer weiß, vielleicht wäre er noch am Leben, hätte er nicht demonstrativ auf besondere Sicherheitsvorkehrungen verzichtet, weil er sich seine persönlichen Freiheiten nicht nehmen lassen wollte von Leuten, die sich die Freiheit nahmen, selber über Leben und Tod zu entscheiden. Siegfried Buback wollte auch ein Zeichen setzen gegen die Hysterie jener Tage.

Es ist mehr als eine tragische Fußnote in der Geschichte der Bundesrepublik, dass Bubacks Tod mit dem anonymen Nachruf jenes Göttinger „Mescalero“ verbunden ist, der über den Mord „klammheimliche Freude“ äußerte. Ein Grundkonsens wurde damit aufgekündigt, wie der damalige Berliner Wissenschaftssenator Peter Glotz befand – der Konsens, dass Mord kein Mittel der Politik sein dürfe. „Mescalero“ ist weitgehend anonym geblieben. Jahre später hat er sich bei Bubacks Sohn Michael entschuldigt, und vielleicht war sogar eine Formulierung dabei, dass er damals die Täter zu wichtig und die Opfer zu unwichtig genommen habe. Wenn heute Siegfried Buback gewürdigt wird, dann wäre ein Zeichen gegen die Hysterie der Neuzeit wünschenswert. Hoffnung auf wenigstens einen Tag ruhigen Gedenkens, 30 Jahre danach.

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