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Vater und Sohn. Bernd Moss (links) als Hiob, Alexander Khuon als Menuchim. Sie hätten sich so viel zu sagen.

© imago/DRAMA-Berlin.de

Bücher auf der Bühne: Joseph Roths "Hiob": Botschaft aus dem Baukasten

Allein es fehlt der Glaube: Das Deutsche Theater bringt Joseph Roths „Hiob“-Roman auf die Bühne.

Die Berliner Theater lesen und fräsen sich durch die Romanliteratur, als gäbe es keine Dramatiker mehr. Frank Castorf donnert Dostojewskis „Brüder Karamasow“ auf die Volksbühne. An der Schaubühne bringt Simon McBurney die „Ungeduld des Herzens“ von Stefan Zweig zum Klingen. Mit Turgenjews „Väter und Söhne“ in der Regie von Daniela Löffner ist das Deutsche Theater zum Theatertreffen eingeladen. Und an der Schaubühne nimmt sich Armin Petras den „Rote Armee Fraktion“-Roman von Frank Witzel vor, und Houellebecqs „Unterwerfung“ kommt am DT ...

Und natürlich, auch schon verfilmt, Joseph Roth und sein „Hiob“. Der hatte jetzt am Deutschen Theater Premiere in einer Fassung der Regisseurin Anne Lenk und der Dramaturgin Sonja Anders. Die Welt also ist ein Roman, jedenfalls die Theaterwelt. Kein neues Phänomen, es fällt bloß gerade mal wieder auf, wie sehr das Theater in anderen Medien nach Stoffen sucht – und wie umgekehrt Dramatiker, ob Roland Schimmelpfennig oder Nis-Momme Stockmann, aktuell mit Romanen hervorgetreten sind.

Ganz unabhängig von der möglichen Qualität einer Aufführung, von der Präsenz der Schauspieler, dem Klang der Sprache und vielleicht auch der Dringlichkeit einer Geschichte: Es scheint gewisse Regeln zu geben, wie man einen Roman auf die Bretter bringt. Ja, die Bretter. Für eine Romanadaption sind sie wörtlich zu nehmen. Kein Bühnenbild, irgendwas Abstraktes am besten. Halina Kratochwil hält sich am Deutschen Theater daran. Die Spielfläche steigt deutlich an, das schafft schon Spannung und stellt die Akteure aus. Wichtig: Sie sollen wie Spielfiguren herumstehen, weit auseinander, die Augen dann auch weit aufgerissen. Sie sprechen mal in der dritten Person, mal in der ersten, auch mal im Chor. Schließlich geht es um einen Roman. Rollen dürfen auch wechseln, Texte übergeben werden. Für die Kostüme (hier von Silja Landsberg entworfen) nimmt man zur Sicherheit etwas Zeitloses. Es muss aber nicht so hässlich sein wie die dicken Wollsachen mit Streifen in diesem „Hiob“.

Arbeitstische und Mikrofone, wie bei der „Ungeduld der Herzens“, sind allerdings nur zugelassen, wenn man mit dieser Standardausrüstung so virtuos umgehen kann wie Simon McBurney. Zweigs Buch empfiehlt sich eigentlich gar nicht so sehr für die Bühne, mit seinen langen Zustandsbeschreibungen. Bei „Hiob“ liegt der Fall anders. Klare Typen, viel Handlung. Aber das ist möglicherweise auch das Problem und die Schwierigkeit.

Der „Roman eines einfachen Mannes“ erschien 1930. Joseph Roth erzählt von einer jüdischen Familie, die kaputtgeht in Osteuropa und auswandert in die USA. Armut, Tod, Verlust des Glaubens – der Lehrer Mendel Singer verzweifelt an Gott, erleidet eine Serie von Schicksalsschlägen, steht allein und zerstört in einer neuen Welt, Amerika, um ein unwahrscheinliches Happy End zu erleben. Hiob, Hollywood – und obwohl die Geschichte früher spielt, sieht man Hitlers langen Schatten, ist zwar vom Ersten Weltkrieg die Rede, doch – Roths Genialität! – kündigt sich in Gottes Abwesenheit bereits noch größeres Grauen an. Oder es gefällt Gott, die Menschen zu vernichten. Dazu braucht man eine Haltung. Hiob ist nicht nur eine Comicfigur, die immer wieder aufsteht.

Und das fehlt hier, in diesem Arrangement am DT. Anne Lenk stellt die Handlung sauber durch, es kommen auch mal groteske Einlagen. Aber eigentlich ist es langweilig. Bernd Moss arbeitet auf seinen finalen Hiob-Wutausbruch hin, sein zurückgekehrter Sohn Menuchim scheint bei Alexander Khuon an den Ausgang der Geschichte auch nicht recht zu glauben. Frau Deborah, Almut Zilcher, stirbt in jeder Hinsicht zu früh. Und ein bisschen Kapitalismuskritik gibt es auch. Hiobs Botschaft: ein Job wie jeder andere.

Wieder am 9. und 24. April.

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