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Ein Mann und seinen Bücher. Martin Walser.

© Felix Kästle/dpa

Büchervorschau auf den Frühling: Jährlich grüßt der Martin Walser

Die Frühlingsvorschauen sind da. Und ein Name sticht besonders in Auge. Die Kolumne Literaturbetrieb.

Gerrit Bartels schreibt an dieser Stelle regelmäßig über den Literaturbetrieb. Nächste Woche: Caroline Fetscher über Sachbücher.

Die Frankfurter Buchmesse ist gerade vorbei gegangen, selbst wenn sie nur als vorwiegend digitale Ausgabe stattfand. Was auch bedeutet: Die Verlage verschicken ihre Vorschauen für das kommende Frühjahr, sie sind der Zeit der Messen und Neuveröffentlichungen immer mindestens ein halbes Jahr voraus.

Man stöbert also hier bei Hanser, dort bei Aufbau, und bei Rowohlt sticht schließlich sofort ein Name ins Auge: Martin Walser. Walser? Schon wieder? Gab es nicht gerade ein Buch von ihm, Ende vergangenen Jahres, „Mädchenleben oder Die Heiligsprechung. Legende?“.

Andererseits: Gibt es nicht schon längere Zeit Jahr für Jahr mindestens eine Martin-Walser-Veröffentlichung, zumeist spontan, von Rowohlt angekündigt in der beliebten Verlagsrubrik „noch nicht angekündigt“?

Dieses Mal scheint die Veröffentlichung zur Abwechslung ordnungsgemäß vonstatten zu gehen. Das Buch, das den Titel „Sprachlaub oder Wahr ist, was schön ist“ trägt und mit Aquarellen von Walsers Tochter Alissa versehen ist, kommt nächstes Jahr am 23. März heraus, einen Tag vor Walsers 94. Geburtstag.

Den Wörtern kündigen

Wie üblich verzichtet der Verlag auf eine Gattungsbezeichnung, handelt es sich doch abermals um die üblichen Notate aus Walsers Leben: um Sentenzen, Eingebungen, Reime, Aphorismen, Sottisen, um „Augenblickspoesien“ oder „Augenblickstexte“, wie es in der Ankündigung heißt.

Beispielsweise: „Ich bin durchsichtig wie ein leeres Marmeladenglas“, wie scharfsinnig oder selbstentlarvend das nun auch sein mag. Oder: „Du musst den Wörtern kündigen.“

Letzteres wird Martin Walser nie tun, wie die vergangenen Jahre bewiesen haben. Das Leben ist für ihn alles, was das Schreiben ist, aus dem Schreiben besteht, und wenn es sich dabei um „Sprachlaub“ handelt.

Poetische Unbeirrbarkeit

Man kann sich nun über die Produktivität von Walser stets aufs Neue wundern – seine Meisterin hat er lange gefunden: Es ist die Wiener Schriftstellerin Friederike Mayröcker, von der zwar nicht Jahr für Jahr, aber doch regelmäßig alle zwei Jahre ebenfalls ein Buch erscheint, in ihrem Fall bei Suhrkamp. Zuletzt vor ein paar Wochen der Prosagedichtband „da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“.

Mayröcker wird im Dezember dieses Jahres 96 Jahre alt. Was sie zwischen 2017 und 2019 notiert, an Wörtern zerhackt hat, an Sätzen beginnt und oft nicht beendet, findet sich in diesem Band.

Den Wörtern wird auch sie nie kündigen, Leben bedeutet für sie ebenfalls ausschließlich: Schreiben. „Ich bin noch jung in meinen Träumen, in meinen Träumen bin ich high“, heißt es hier einmal, was nicht nur für die Träume gilt, wenn sie etwa auch auf halb so alte Kollegen wie Durs Grünbein oder Marcel Beyer verweist. Oder, wie es eine Ärztin zu ihr sagte: „Schreiben werden Sie länger können als lesen.“ Poetische Unbeirrbarkeit, deine Namen lauten: Walser und Mayröcker.

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