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Zora

© dpa/Novopashina

Komische Oper: Singende Thunfische

An der Komischen Oper wird das Kultkinderbuch "Die rote Zora" zur Musiktheatershow.

Ein großes emotionales Thema, eine spannende Handlung und nicht zuletzt politische Brisanz – das ist der Mix, der die Oper einst zur Leitgattung machte. Viele haben sich daran gewöhnt, dass das Genre diesen Anspruch an den Film verloren hat. Die Komische Oper nicht: Mit der deutschen Erstaufführung der Familienoper „Die rote Zora“ nach dem Jugendbuchklassiker von Kurt Held nimmt sie es mit gleich zwei filmischen Adaptionen auf: Mit der Fernsehserie von 1979, die viele Eltern noch kennen, sowie mit Peter Kahanes prominent besetzter Verfilmung von 2008.

Tatsächlich kann sich das Haus an der Behrenstraße nach der Premiere am Sonntag über einen Achtungserfolg für ihre unterhaltsame, opulent ausgestattete und von Catherina Larsen-Maguire musikalisch souverän gestaltete Premiere freuen. Und dennoch wird man den schmerzlichen Eindruck nicht los, dass hier die Chance zu einem wirklich großen Musiktheaterabend verpasst wurde.Dies liegt zunächst an der Einrichtung des zeitlosen Stücks über eine Bande von vernachlässigten und durchaus gewaltbereiten Kinder, die um ihren Platz in einer materialistischen Welt kämpfen. Theresita Colloredos Libretto hangelt sich treu am Buch entlang, bringt aber nicht den Mut auf, die inneren wie äußeren Konflikte in packenden Situationen zu verdichten: Für die dramatische Glaubwürdigkeit eines stehlendes Waisenkindes ist es nicht so wichtig, den Tod der Mutter darzustellen als zu zeigen, dass es Hunger hat.

Auch der eklektizistischen Musik von Elisabeth Naske geht immer wieder die Puste aus, wenn es darum geht, über das farbige Bebildern von Situationen hinauszugehen. So bleibt etwa das Finale, in dem die Gemeinschaft darüber urteilen muss, ob die Kinder wegen ihrer Gewalttaten und Diebstähle ins Gefängnis gehören, in Wiederholungen von Text und Musik stecken. Und auch beim anschließenden Jubel der resozialisierten Kinder vergisst die Komponistin, eindringlich darzustellen, dass sich das agressivste der Bandenmitglieder aus dem Stab gemacht hat.

Regisseurin Jasmina Hadziahmetovic kan nur einen Teil dieser handwerklichen Fehler ausgleichen. Zwar hat sie den Mut, die Handlung in einer kleinen industriellen Hafenstadt der Gegenwart anzusiedeln – wobei die Ausstattung von Robert Pflanz (Bühne) und Mechthild Feuerstein (Kostüme) die Trostlosigkeit des Ambientes wirkungsvoll mit einem umjubelten Ballett rollschuhfahrender Seepferdchen und einem Chor silbrig glänzender Thunfische kontrastiert. Auch gelingen einzelnen Darstellern wie Carsten Swarowski (als umwerfend präsentem Fischer Gorian) und Christoph Schröter (als um Anerkennung ringender Fischerjunge Nikola) differenzierte Charakterporträts. Die Titelfigur (Olivia Vermeulen) verliert dagegen schon in der ersten großen Arie ihre street credibility: Sie muss Verse, die in blutleer selbstbeweihräucherndem Politikerdeutsch abgefasst sind („gemeinsam sind wir stark“) auch noch von der Höhe eines Containers absingen, statt dem neuen Bandenmitglied in die Augen zu schauen. Große Oper kann mehr.

Wieder am 8. und 15. 11., jeweils 16 Uhr; sowie am 20./25. 11. und 3., 6., 7., 8., 14., 15., 26. 12. jeweils 11 Uhr. Ab 8 Jahre.

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