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Muti

© dpa

Philharmonie: Mamma mia, das ist ja große Oper!

Riccardo Mutis kehrt zu den Philharmonikern zurück - und präsentiert einen Schubert wie aus einem italienischen Opernhaus.

Seit einiger Zeit hat Riccardo Muti sein Herz für die Musik Neapels entdeckt: Bei den Salzburger Pfingstfestspielen führt er vergessene Schätze seiner Heimatstadt auf und auch bei seinem ersten Auftritt mit den Berliner Philharmonikern seit 1992 hat der 67-jährige Maestro eine neapolitanische Trouvaille dabei: die „Canzone dei ricordi“ des Puccini-Zeitgenossen Giuseppe Martucci, für den sich Muti auch schon auf CD eingesetzt hat. Neugier auf mehr Martucci kann der träge mäandernde Liedzyklus allerdings kaum wecken, auch wenn Muti sich in der Philharmonie alle Mühe gibt, dieses „Lied der Erinnerungen“ auf dem schmalen Grat zwischen Fadheit und Sentiment zu führen. Langeweile kann er damit ebenso wenig verhindern wie Violeta Urmana, die die lokalpatriotische Dämmerstunde mit Geschmack, Zurückhaltung und kerngesundem Mezzosopran absolviert. Ob die Miniaturen durch einen opernhafteren Zugriff gewonnen hätten? Man will es nicht wirklich wissen.

Hauptstück des Programms, das die Philharmoniker bereits am 1. Mai als „Europakonzert“ in Neapel gespielt hatten, ist aber ohnehin Schuberts große C-Dur- Sinfonie. Muti nimmt sie klassisch, schärft Konturen und sorgt ebenso für Trennschärfe, wie er es schon zu Beginn bei Verdis Ouvertüre zur „Macht des Schicksals“ getan hatte. Tatsächlich klingt dieser Schubert, als käme er direkt aus einem italienischen Opernhaus: Die Tutti massiv wie Marmorblöcke, die Pizzicati und rhythmischen Begleitfiguren rasiermesserscharf, die Melodien in den Holzbläsern dagegen so innig gesungen, als wären es große Arien. Das überzeugt vor allem dort, wo Schuberts Musik ganz klar und einfach ist: im langsamen Satz, der geradewegs ins gleißende Nichts der großen Generalpause gegen Ende zu marschieren scheint. Daneben wird allerdings (etwa im verschleppten Trio des dritten Satzes) auch Zeit mit Routine totgeschlagen. Aber das ist ja in der Oper auch nicht anders. 

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Jörg Königsdorf

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