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Bühnenbildner Wilfried Werz gestorben: Der Schöpfer des Wunderbaums

Dreißig Jahre lang war er Chefbühnenbildner der Berliner Staatsoper. Wilfried Werz hat mit allen großen Opernregisseuren gearbeitet, von Felsenstein bis Kupfer. Jetzt ist er im Alter von 83 Jahren gestorben..

Sein „Wunderbaum“ war 1981 der Hingucker bei Harry Kupfers Antrittsinszenierung an der Komischen Oper. Für die „Meistersinger von Nürnberg“ hatte Wilfried Werz ein hölzernes Gebilde erdacht, aus dessen Stamm organisch alle vier Schauplätze der Handlung herauswuchsen: die mittelalterliche Kirche, Pogners Haus, die Schusterstube, die Festwiese. Und oben in der Krone gab es ein Liebesnest für Eva und ihren Ritter. Wilfried Werz vermochte in seinen Bühnenbildern unterschiedlichste Elemente auf fantastische Weise miteinander zu verbinden, vermeintlich gegensätzliche Stile und Zeitebenen in Balance zu halten. So wie es die Oper ermöglicht, dass im Ensemble mehrere Personen gleichzeitig singen und dabei doch jeweils individuelle Gefühle zum Ausdruck bringen, so schuf er ein Theater der optischen Gleichzeitigkeit, in dem die bildlichen Ebenen für die verschiedenen Aspekte der Interpretation standen.

Auch Werz’ Ausstattung für Walter Felsensteins legendäre Inszenierung des Offenbach’schen „Ritter Blaubart“, die von 1962 bis 1992 an der Komischen Oper 369 Aufführungen erlebte, funktionierte nach diesem Muster des effektvollen analytischen Stilmixes. Diese erste Zusammenarbeit mit Felsenstein war bereits die 50. Produktion des 1930 in Dresden geborenen Künstlers. Nach dem Studium in seiner Heimatstadt sammelte Werz erste Praxiserfahrungen in Frankfurt an der Oder, erarbeitete sich schnell einen Ruf und wurde 1964 von Hans Pischner zum Ausstattungsleiter der Berliner Staatsoper berufen, als Nachfolger eines in den Westen geflüchteten Kollegen. Zusammen mit dem ebenfalls neu engagierten Oberspielleiter Erhard Fischer startete er mit einer viel beachteten „Ariadne auf Naxos“. Ein politisches Wagnis, das zum Erfolg wurde, war 1969 Schostakowitschs Sozialsatire „Die Nase“, die in der Sowjetunion zu diesem Zeitpunkt noch auf dem Index stand. Nachdem Werz 1971 Harry Kupfers erste Regiearbeit Unter den Linden ausgestattet hatte, Richard Strauss’ „Frau ohne Schatten“, begann eine intensive Zusammenarbeit mit dem Regisseur, die ihm auch viele Produktionen im westlichen Ausland ermöglichte.

Zu einem Klassiker des Staatsopern-Repertoires entwickelte sich Harry Kupfers „Salome“-Inszenierung von 1979, für die Wilfried Werz einen düsteren Hof entworfen hatte, der deutlich an ein Stasi-Gefängnis erinnerte, in dem aber der lüsterne König Herodes im prächtigen Goldbrokatmantel den Schleiertanz der Titelheldin verfolgt – eine eindrückliche szenische Lösung, um Mythos und Gegenwart in einem vieldeutigen Bild zusammenzuzwingen.

Bis 1995 arbeitete Werz als Chefbühnenbildner der Staatsoper, blieb aber auch im Ruhestand noch künstlerisch aktiv, etwa als Landschaftsmaler. Jetzt ist er mit 83 Jahren in Glienicke/Nordbahn bei Berlin verstorben.

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