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Gemeinsamer Auftritt von Bundesjugendorchester und Bundesjugendballett.

© Peter Adamik

Bundesjugendorchester: Beine los!

Eine Wahlverwandschaft? Oder doch nur ein Experiment? Immer häufiger vertanzen Choreographen Stücke, die dafür gar nicht geschrieben worden waren. Jetzt sind Bundesjugendorchester und Bundesjugendballett gemeinsam in der Philharmonie aufgetreten.

Sind das die Vorboten einer Ära, in der Musik und Tanz noch enger zusammenwachsen? Dass sich Choreografen Stücke vornehmen, die nie dafür gedacht waren, ist eine einigermaßen neue Entwicklung – Sasha Waltz hat es gerade wieder mit „Tannhäuser“ an der Staatsoper vorgemacht. Jetzt haben sich das Bundesjugendorchester und das Bundesjugendballett in der Philharmonie zusammengetan. Eine Wahlverwandschaft, die Strauss’ Oper „Ariadne auf Naxos“ entsprungen sein könnte, in der ein neureicher Hausherr befiehlt, dass eine Seria- und eine Buffa-Truppe gemeinsam aufzutreten haben.

Immerhin besitzt man so viel Selbstironie, zunächst ein explizit für Ballett geschriebenes Stück wie Bernd Alois Zimmermanns „Alagoana“ ohne Tanz zu spielen – nach der Pause dafür zu drei Werken zu tanzen, die eigentlich reine Konzertmusik sind. Die Klangmassen, die Zimmermann für seine auf brasilianischen Tänzen fußende Suite auffährt, sind ein gefundenes Fressen für die Musiker, vor allem für die saftstrotzdenden Streicher. Alexander Shelley dirigiert leichtfüßig, er nimmt Druck raus und stachelt das Orchester nicht noch mehr an.

Zu Paul Dukas’ Vertonung von Goethes „Zauberlehrling“ hat Wubkje Kuindersma eine Choreografie für acht Tänzer (und acht Eimer) entworfen, die sich an Walt Disneys Verarbeitung des Stoffs mit Micky Maus orientiert. Und während man noch sinniert, wieso „vertanzen“, anders als „verfilmen“ oder „vertonen“, einen negativen Beiklang hat, an "vertändeln" oder "falsch tanzen" denken lässt (es liegt wohl daran, dass sowohl der Begriff als die Handlung, die er bezeichnet, noch relativ neu sind) kommt mit Sasha Rivas und Marc Jubetes Choreografie zur Fanfare „Exsultet“ von James MacMillan die experimentellste Arbeit des Abends auf die Bühne: Tänzer, die wie kaputte Automaten wackeln und jedes Mal, wenn einer von ihnen „Change“ brüllt, die Position ändern. Von der Auferstehung Christi ist nicht viel zu sehen. Was John Neumeier, Gründer des Bundesjugendballetts, dann zu Haydns Symphonie Nr. 30 „Alleluja“ einfällt, sind klassische Tanzfiguren, leicht anironisiert durch rudernde Arme und flatternde Hände. Das Orchester aber beweist, dass es sich auch dieser Musik, die einen so völlig anderen Gestus verlangt als etwas Zimmermann, klangneugierig anschmiegen kann.

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