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Kultur: CDU-Wahlwerbung: "Satire muss auf Wahrheit beruhen" - Der Grafiker Klaus Staeck über Grenzen politischer Werbung

Klaus Staeck ist Grafiker, Künstler und Volljurist. Seine Plakate wurden 1976 von Unionspolitikern öffentlich von den Wänden gerissen.

Klaus Staeck ist Grafiker, Künstler und Volljurist. Seine Plakate wurden 1976 von Unionspolitikern öffentlich von den Wänden gerissen.

Ist die CDU-Kampagne mit Kanzler Schröder als Straftäter ein neuer Tiefpunkt?

Sie ist unter der Gürtellinie. Alle "billig und gerecht denkenden" Menschen werden das so sehen. Aber es ist auch ein alter Trick der CDU, den sie gern anwendet: Dass sie eine "Stinkbombe" setzt, und dass sich ein Teil der CDU sofort von ihr distanziert und sich über das eigene Produkt empört. So bedient man beide Seiten, die Draufklopper und die etwas Feinsinnigeren.

Und hat die Aufmerksamkeit der Medien.

Ja, genau. Das machen alle Parteien gern. Da steht dann Herr Westerwelle oder auch Herr Müntefering vor einem Plakat, dann kommt eine Meute von süchtigen Reportern, die nehmen das auf, das geht durch alle Zeitungen, und dann werden Sie das Plakat in aller Regel nie mehr sehen. Es ist ein reines Medienprodukt, und die billigste Methode der Verbreitung noch dazu. Ich bin überzeugt, dass das Plakat nicht geklebt werden wird. Trotzdem hat es Wirkung. Hier ist es allerdings überzogen und wird zum Bumerang.

Warum wird es zum Bumerang?

Sie können sich nicht christliche Partei nennen, dauernd Wertedebatten anzetteln und dann den politischen Gegner als Verbrecher darstellen. Es ist doch gespenstisch: Wir führen da eine große Debatte über Terrorismus, über Leute wie Joschka Fischer und Jürgen Trittin, und da stilisiert sich eine Partei als Moralwächter, kommt aber zugleich mit einem solchen Plakat. Das ist Heuchelei pur. Das soll nicht heißen, dass ich etwas gegen harte politische Auseinandersetzungen hätte.

Sie selbst zögern nicht, in Ihren Arbeiten polemisch zu werden.

Das stimmt, aber diese Grenze ist bei mir nie überschritten worden. Ich habe nie jemanden als Verbrecher dargestellt. Die CDU meint ja offenbar, das sei Satire, aber das ist nicht gerechtfertigt. Satire muss auf Wahrheit beruhen. Nur dann ist Übertreibung, ist die satirische Überzeichnung gerechtfertigt.

Ihre Sachen waren ja auch umstritten.

Das will ich meinen. Ein gutes Plakat kann ja auch ruhig umstritten sein. Wie Ihre Artikel sicher auch, sonst hätten Sie ja keine Leserbriefspalte nötig.

Wo sehen Sie die Grenze?

Die Grenze ist da, wo man den politischen Gegner zum Feind macht. Das habe ich immer versucht zu vermeiden. Scharf angreifen, ja, aber ihn nicht als Verbrecher darstellen.

Mit welchem Ihrer Plakate sind Sie am weitesten gegangen?

Ach, ich habe ja 41 Prozesse hinter mir wegen meiner Plakate. Alle gewonnen. Die Meinungsfreiheit geht bei uns ja sehr weit, zum Glück. Das ist das höchste Gut, das wir haben. Es unterscheidet uns von Diktaturen. Ich habe zum Beispiel einmal Helmut Kohl als Lügenbaron dargestellt, aber da ist immer ein Hauch von Humor dabei, ein Augenzwinkern. Oder ich habe Franz Josef Strauß mit einer Bild-Zeitung abgebildet, deren Schlagzeile lautete: Juso beißt wehrloses Kind.

Oder ist das dann eben Kunst?

Ich habe mich nie auf den Kunstvorbehalt berufen, bei all meinen Prozessen. Ich wollte nicht die Kunst-Mimose sein, wenn es ernst wurde.

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