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Kultur: Chancen und Risiken

Korrekter wäre jedoch zu formulieren: er darf diesen Titel (vorläufig) weiter führen.Denn, was von Friedrichs Kompetenzen übrigbleibt, ist mit dem Begriff Kompetenz-Einbuße zurückhaltend beschrieben.

Korrekter wäre jedoch zu formulieren: er darf diesen Titel (vorläufig) weiter führen.Denn, was von Friedrichs Kompetenzen übrigbleibt, ist mit dem Begriff Kompetenz-Einbuße zurückhaltend beschrieben.Seit gestern dirigiert Friedrich die Geschicke des Hauses an der Bismarckstraße nicht mehr, er ist in die Rolle des Statisten gedrängt.Er ist jetzt ein Intendant ohne Macht.Die Vereinbarungen zu seinem Vertrag entziehen ihm die Befugnisse in wirtschaftlichen Belangen.Allein dies kommt für einen Allein- und Einsam-Entscheider wie Friedrich einer Demütigung gleich.Hinzu kommt noch, daß ihm aufgegeben wurde, binnen zwei Monaten ein Konsolidierungskonzept zu erarbeiten, das den verbleibenden Rest seiner künstlerischen Autonomie dramatisch reduziert.In einer solchen Lage liegt es nahe, sich nach Mitstreitern umzusehen.Auf den ersten Blick hat Götz Friedrich in Kultursenator Radunski und dessen christdemokratischen Parteifreund Landowsky einflußreiche Unterstützer.Seit die Krise öffentlich wurde, bekundet Radunski Loyalität mit Friedrich.Am Wochenende schien seine Geduld erschöpft.Dann aber blieb die auch in CDU-Kreisen erwartete Demission aus.Das mag nur auf den ersten Blick verwundern, findet man doch auf der Suche nach Motiven, weshalb Radunski den Intendanten nicht zum Rücktritt bewegte, rasch zum Kultursenator selbst zurück.Was im Falle René Kollo gerade noch gutging, könnte bei Götz Friedrich fatale Folgen haben: ein Rücktritt mit (öffentlichem) Aplomb.Denn zu den Pflichten, von denen Friedrich dann entbunden wäre, würde auch jenes stillschweigende Einverständnis zwischen Kultursenator und Opernchef gehören, mit gegenseitigen Schuldzuweisungen für das Finanz-Debakel zurückhaltend umzugehen und stattdessen die Gemeinsamkeiten zu betonen: hier der Verweis auf die Verdienste des Intendanten, dort der Dank für jahrelange großzügige Unterstützung.Ein erzwungener Rücktritt hätte womöglich das Ende der Männerfreundschaft bedeutet und für Radunski ein schwer kalkulierbares Risiko: das Lichten des Nebels über der auf vielen politischen Ebenen und in unterschiedlichen Parteien mehr oder weniger tatenlos begleiteten Pleite-Wirtschaft der Deutschen Oper.Mit einem offensiven Rücktritt hätte Götz Friedrich sein Gesicht wahren und zugleich dem Haus bei dem dringend nötigen Neuanfang behilflich sein können.Die Chance ist bis auf weiteres vertan.Sein Verbleiben im Amt indes hilft niemandem. mmw

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