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Kultur: Chaos der Liebe

Wer kennt es nicht, das Gefühl des ersten warmen Sommertags, wenn sich in den Parks und Straßen der Stadt die Paare tummeln? Und man selbst steht dazwischen, mit nagendem Liebeskummer im Herzen und einem Haß auf die ganze Welt.

Wer kennt es nicht, das Gefühl des ersten warmen Sommertags, wenn sich in den Parks und Straßen der Stadt die Paare tummeln? Und man selbst steht dazwischen, mit nagendem Liebeskummer im Herzen und einem Haß auf die ganze Welt.So jung, so glücklich scheinen die anderen - so alt, so verbraucht man selbst.Mit diesem bedrohlichen Gefühl eines Aus-der-Welt-Gefallen-Seins würzt die französische Regisseurin Brigitte Rouan ihren eindringlichen, kraftvollen Film von kurzem Glück und langem Schmerz der Liebe zwischen einer Vierzigjährigen und einem Zwanzigjährigen.

Die Verlegerin Diana lebt ein Leben, das so aufgeräumt, warm und ruhig ist wie ihre Wohnung: Mit verständnisvollem Ehemann, auch wenn die große Leidenschaft nicht mehr brennt, mit wohlerzogenen Söhnen und freundlichen Kollegen.Bis sie den Techniker Emilio kennenlernt und ihm, ohne auch nur zu zögern, folgt.Das ist keineswegs eine leichte Liaison, auch nicht von seiner Seite.Ernst ist es beiden, die sich fast selbstverständlich verbinden, und wenn ihre Liebe zu Ende ist, versteht es keiner so recht.Einige wenige glückliche Stunden, in einem winterlichen Prag, und in den Galerien und Cafés von Paris, und dann ein Auseinandergehen, kurz und bitter, ohne Erklärung, ohne Grund.

Brigitte Rouan, Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin in Personalunion, hat mit ihrem dritten Spielfilm "Post coitum animal triste" eine Leidensgeschichte der Liebe geschrieben, so extrem, so quälend wie lange nicht.Diese Diana, die sie spielt mit einer Kraft, die an die Grenze des Erträglichen geht, wird durch die Liebe völlig aus der Bahn geworfen.Fahrig, nervös, hektisch, verliert sie jede Kontrolle über sich.Das erste, starke Bild, eine sich räkelnde schwarze Katze, die schnurrt, und danach die Frau in Liebesqualen, zeigt die Parallele zwischen Mensch und Tier als eine des unmittelbaren Empfindens und Leidens.Ohne Vernunft, ohne Sinn.Voll Mut zur Unbedingtheit, wenn Extreme gelten.Und eine Zumutung für die anderen.

"Manche Menschen können eben keine Kompromisse ei

ngehen.Das ist dann wahre Leidenschaft", erklärt Dianas Mann, seines Zeichens Jurist, als er vor Gericht eine Ehefrau verteidigen soll, die nach 40jähriger Ehe ihren Mann umgebracht hat.Und spricht damit eigentlich das Urteil über seinen eigene Ehe, die er nicht retten konnte.Das ist vielleicht das Einfühlsamste an diesem sehr einfühlsamen Film, wie Patrick Chesnais und die beiden Söhne ratlos stehen vor den Trümmern ihres Familienglücks.Bei allem Verständnis hilflos angesichts dieser unmäßigen Emotion, die die gepflegte Wohnung in ein Schlachtfeld und die Mutter und Ehefrau in ein psychisches Wrack verwandelt.Emotionaler Tiefpunkt und gleichzeitig Höhepunkt des Films.Danach ist der mutige Sprung, mit dem Diana aus dieser Qual heraus wieder in ein friedliches, ruhiges Leben gelangt, nur noch eine komödiantisch-utopische Fußnote.Die Trauer davor war Wirklichkeit.

fsk am Oranienplatz (OmU)

CHRISTINA TILMANN

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