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Kultur: Christo vor, noch ein Tor

Im Februar 2005 soll der New Yorker Central Park zum „Winter Wonderland“ werden

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg ist ein gewiefter Geschäftsmann. Darum hat er Christo und Jeanne-Claude auch ihren lang gehegten Traum erfüllt, im Central Park 7500 Torbögen aufzustellen, an denen safranfarbene Tücher im Wind wehen. Seit 1979 hat das Künstlerehepaar versucht, die Stadtväter von ihrem „Gates“-Projekt zu überzeugen. Unermüdlich zogen sie von Behörde zu Behörde, ließen sich von keinem Nein entmutigen, holten die Pläne nach jedem Bürgermeister-Wechsel wieder aus der Schublade. Bei der Reichstags-Verhüllung war es damals ähnlich: Erst nach langem Kampf ließ sich die deutsche Hauptstadt beglücken.

Dass sich nun, nach 25 Jahren des zähen Ringens, ausgerechnet Bloomberg für die Idee stark macht, liegt allerdings kaum daran, dass der Multimillionär und Medienunternehmer ein besonders großer Musenfreund wäre. Es dürfte wohl eher der Terminvorschlag der Künstler gewesen sein, der ihn überzeugte: Im Februar nämlich wollen Christo und Jeanne-Claude ihre Tücher im Central Park aufspannen – zu einer Jahreszeit also, wo New York für Touristen alles andere als attraktiv ist. Zwischen dem christmas shopping und dem explosionsartig Ende April eintretenden Frühsommer gähnt, marketingmäßig gesehen, ein schwarzes Loch: Mit hochgeschlagenem Kragen unterm aufgespannten Regenschirm von Museum zu Museum zu hechten, ist nun einmal nicht jedermanns Sache. Bei der Vorstellung, zwischen dem 12. und 27. Februar 2005 eine künstlerische Großaktion im Herzen Manhattans steigen zu lassen, dürften dagegen vor Bloombergs geistigem Auge die Dollarzeichen getanzt haben.

Wie wunderbar alles werden wird, ist bis zum 25. Juli jetzt schon im Metropolitan Museum zu erleben: Da es sich Christo und Jeanne-Claude zur Maxime gemacht haben, ihre Projekte durch Erlöse aus eigenen Werken zu finanzieren, erinnert die kleine Ausstellung allerdings eher an eine Verkaufsschau. Neben den Schwarzweiß-Fotos, auf denen der schwierige Entstehungsprozess dokumentiert ist, trifft man auf eine ganze Serie sehr ähnlich gearbeiteter Objekte, die jeweils aus „präparierten“ Stadtplänen und Fotografien bestehen: In anrührender Fleißarbeit hat Christo immer wieder seine fast fünf Meter hohen Tore in die Vorlagen eingezeichnet, aus tausend und einer Perspektive. Wenn sich die Stoffbahnen zwischen den entblätterten Bäumen im Februar 2005 wirklich so sanft im eisigen Winterwind blähten werden, wie auf diesen Bildern, möchte man sich tatsächlich in dicken Daunenjacken auf den 37-Kilometer-Parcours begeben. Oder, noch besser, eines der Exponate erwerben, um sich in der Wärme des Wohnzimmers ewig an dieser höchst vergänglichen Vision eines friedlichen winter wonderland zu erfreuen.

Den Park selber lässt die Aktion übrigens völlig unberührt: Für die massiven Tore, die je nach Weg-Breite zwischen 1,80 und fünf Metern überspannen sollen, muss nicht ein einziges Loch in den felsigen Boden gebohrt werden: Dank einer ausgeklügelten Konstruktion stehen die gates fest auf ihren eigenen Füßen. Wenn 150 Arbeiter die 7500 Aufsteller nach 16 Tagen heinzelmännchenflink wieder abgebaut haben, wird nichts mehr an den temporären Zauberwald des gut betuchten Künstlerehepaars erinnern. Ein sauberes Geschäft also, ganz nach dem Geschmack von Michael Bloomberg.

Die Ausstellung im Metropolitan Museum, New York wird bis 25. Juli gezeigt.

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