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Was Magie aus Kürbissen macht: Cinderellas Kutsche (oben) mit Cinderella drin (Lily James).

© Berlinale

"Cinderella" auf der Berlinale: Bling, plong, rumpeldipumpel

Seid ihr Mädchen oder Mäuse? Disneys neue „Cinderella“ in Starbesetzung, bonbonbunt aufgepeppt und politisch korrekt gedeutet. Trotzdem kann der Streifen mit anderen Märchenverfilmungen nicht mithalten.

Sie sind aus Glas?“, staunt Cinderella. Die gute Fee nickt und beteuert: „Du wirst sie wirklich bequem finden.“ Eine Lachsalve wogt durch den Berlinale-Palast. Wie diese Pumps zwicken müssen, das ist selbst im Märchen nicht auszudenken. Besonders wenn die von Aschenputtel im Ballstaat hochzuschreitende Länge der Palasttreppe gefühlte zehn Kilometer beträgt.

„Cinderella“ auf der Berlinale also. Und dass schon zum zweiten Mal. Zuletzt gar mit dem Goldenen Bären dekoriert. 1951 war das, auf dem allerersten Festival überhaupt. Da gewann Disneys Zeichentrickklassiker in der inzwischen längst sanft entschlafenen Sparte „Musikfilm“. Kuriose Entscheidung, denn trotz ein paar Liedern und offensiver Prinz-rettet-Mädchen-Romantik hat das Werk mehr von einem „Tom und Jerry“-Cartoon. In den Tieren werde das „zerstörte Bild der Menschenwelt neu und rein gebaut“, schrieb der Tagesspiegel. Verzaubert waren auch die dem Bombenkrieg entronnenen Berliner und gaben dem Film den Publikumspreis.

Szenenapplaus im Kinosaal

Ein paar Jahrzehnte und etliche zerstörte Menschenwelten später hat Disney nun den Briten Kenneth Branagh mit der Realverfilmung betraut. Mit seinen Shakespeare-Verfilmungen empfiehlt sich Branagh ja als Neuinterpret von Klassikern. Und mit Comicverfilmungen wie „Thor“ für die den großen Hammer schwingende Action-Ausstattungsoper. Bei „Cinderella“ (Kinostart: 12. 3.) setzt er eher Letzteres ein. Die furiose Szene jedenfalls, als sich Schlag Mitternacht goldene Kutsche, Schimmel und Lakaien – bling, plong, rumpeldipumpel – zurückverwandeln in Kürbis, Mäuse, Eidechsen, die bekommt Szenenapplaus.

Ansonsten beschränkt sich das von Branagh angekündigte moderne Aschenputtel, das dem zunächst sein Inkognito wahrenden Prinzen „auf Augenhöhe“ begegnet, auf ein paar neckische Bemerkungen von Hauptdarstellerin Lily James („Rose“ aus „Downton Abbey“) sowie auf computeranimierte Landschaftspanoramen, Zaubereffekte und Mäuse. Diese die Cheddarbrocken von Spitzendeckchen naschenden Nager haben mehr Seele als ihre Freundin Cinderella und deren Prinz (Richard Madden) zusammen.

Eine politisch korrekte Deutung

Eine politisch korrekte Deutung des Märchens, das von einer bösen Stiefmutter, zwei dummdreisten Stiefschwestern, tückischen Hofschranzen und einer aus reiner Mädchengüte alle Piesackereien ertragenden Waisen handelt, ist ohnehin kaum drin. Braucht auch keiner, wenn es nur neben blendenden Schablonen wie Cate Blanchett als Stiefmutter (wow!) auch saftige Charaktere zum Lieben, Hassen, Mitfühlen gibt.

So gelungen in Disneys „Maleficent – Die dunkle Fee“ mit Angelina Jolie, einer eigenwilligen und trotzdem kinokassentauglichen Variation auf das „Dornröschen“-Thema. Auch was den Look angeht, kann Branaghs Rücksturz in ein bonbonbunt aufgepepptes 19. Jahrhundert nicht mit der in „Maleficent“ gelungenen Opulenz aus Realfilm und Animation mithalten.

Dante Ferrettis betont altmodische Ausstattungsorgie ist eine wild gezuckerte, likörgetränkte, aber angeranzte Hochzeitstorte. Sandy Powells Kostüme dagegen sind ein Transvestitentraum. Zu gucken gibt’s einfach immer was in der vom grassierenden Eskapismus sprechenden Welle der Märchenverfilmungen. Am Donnerstag startet schon die nächste – Disneys Musical „Into the Woods“. Da trägt Aschenputtel Goldpumps. Gunda Bartels
14.2., 12 Uhr (Friedrichstadtpalast), 15.2., 15.30 Uhr (Berlinale-Palast)

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