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CITY Lights: Besuch der alten Damen

Gute Absichten bewirken oft ihr Gegenteil, das gilt auch für das Verbot von Nazi- Propagandafilmen. Dieses Verbot erfolgte zunächst auf Wunsch der Opfer, doch es kam auch den Tätern entgegen.

Gute Absichten bewirken oft ihr Gegenteil, das gilt auch für das Verbot von Nazi- Propagandafilmen. Dieses Verbot erfolgte zunächst auf Wunsch der Opfer, doch es kam auch den Tätern entgegen. Das Verschwinden der Propaganda aus den Kinos erlaubte die Illusion, im „Dritten Reich“ habe es eine unpolitische Filmkultur gegeben. Das Verbot half also nicht bei der Aufklärung, sondern bei Verdrängung und Legendenbildung. Nachgeborene wurden neugierig auf die Giftschrankfilme. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Aus den Verbots- wurden Vorbehaltsfilme, die gezeigt werden dürfen, aber mit wissenschaftlicher Einführung. Nun veranstaltet das Zeughauskino eine Retrospektive mit Vorbehaltsfilmen.

Die Angst vor dem Beifall aus der falschen Ecke hat sich mittlerweile als unbegründet erwiesen. Junge Männer in Springerstiefeln sucht man unter den Zuschauern vergebens; es dominiert das Bildungsbürgertum, das diskutieren will. Am Freitag steht Leni Riefenstahls Olympia auf dem Programm. Kinemathek-Chef Rainer Rother, der die Einführung hält, hat schon in seinem Buch „Die Verführung des Talents“ das Unbehagen beschrieben, das dieses 276-Minuten-Werk auslöst. Hitler erscheint nicht als Führer, sondern als ganz normaler Sportfan. Den schwarzen Athleten Jesse Owens hat Riefenstahl mit besonders viel Liebe aufgenommen. Eben weil er nicht hetzt, lügt dieser Film. Auffallend auch die Geringschätzung der Athletinnen: Ihre Darbietungen werden ohne Raffinesse aufgenommen, während Riefenstahl den Männern noch beim Nacktbad auflauert.

Hitlers Lieblingsregisseurin wurde 101 Jahre alt. Am 17. April ist es bei der ungarischen Sopranistin Martha Eggerth so weit: Ihr zu Ehren wird Das Hofkonzert gezeigt, eine 1936 gedrehte Ufa-Operette. (Mittwoch, Eva-Lichtspiele). An ihrer Seite Johannes Heesters, der es ebenfalls in den Club der 100-Jährigen geschafft hatte. Es ist ein im wörtlichen Sinne beschwingter Film: Regisseur Detlef Sierck setzte seinen Kameramann auf die Schaukel. Doch die gute Laune täuscht. Sierck und sein Star sind bald darauf emigriert.

Still geworden ist es um eine andere Diva, um Jeanne Moreau. Der 85-jährige Nouvelle-Vague-Star hat in letzter Zeit fast nur noch fürs französische Fernsehen gearbeitet, als „Eine Dame in Paris“ feiert sie Kino-Comeback (deutscher Start: 18.4.). Zur Einstimmung erinnert das Lichtblick an ihre große Zeit in den Sechzigern, mit La notte (Sonnabend), Tagebuch einer Kammerzofe (Montag) und Die Braut trug schwarz (Dienstag).

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