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CITY Lights: Der bewegende Mann

Bei Veranstaltungen, Symposien oder Filmfestivals ist in letzter Zeit oft von der Rückkehr des Politischen auf die Leinwände und ins Interesse der Filmemacher die Rede. Ob das sachlich stimmt (ja, ob die Politik sich überhaupt je entfernt hatte), sei dahingestellt, in den Diskursen über das Kino aber ist die Tendenz offensichtlich.

Bei Veranstaltungen, Symposien oder Filmfestivals ist in letzter Zeit oft von der Rückkehr des Politischen auf die Leinwände und ins Interesse der Filmemacher die Rede. Ob das sachlich stimmt (ja, ob die Politik sich überhaupt je entfernt hatte), sei dahingestellt, in den Diskursen über das Kino aber ist die Tendenz offensichtlich. „Was tun“ lautete leninistisch das Motto des diesjährigen Internationalen Frauenfilmfestivals in Dortmund. „Back to Politics – Keine politischen Filme machen – Filme politisch machen“ heißt umständlicher auf godardisch ein Kurzfilmprogramm, das am späten Sonntagabend im Lichtblick-Kino Premiere feiert, bevor es Anfang August auf DVD herauskommt.

Das rhetorisch nebulöse Godard-Diktum darf beim Reden über Film und Politik nie fehlen und hat auch im programmbegleitenden Booklet in den Texten von Dieter Schwärzle, Claus Löser und Georg Seeßlen seinen Auftritt. Ansonsten ist da statt Agamben oder Žižek Bertolt Brecht der meistzitierte Mann. Die von Berlinale-Shorts-Kuratorin Maike Mia Höhne für die KurzFilmAgentur Hamburg und das Label Good!Movies zusammengestellte Auswahl an Filmen reicht historisch von dem frühen Schlingensief’schen Zwei-Minüter Für Elise (1982) bis in die Fast-Jetztzeit, thematisch von Jan Peters’ satirischem Selbstversuch Wie ich ein freier Reisebegleiter wurde bis zu einem Dokumentarfilm (Was übrig bleibt, 2008, Regie: Fabian Daub und Andreas Gräfenstein) über polnische Arbeitslose, die im niederschlesischen Kohlenrevier illegal nach dem Brennstoff graben. Episches Theater ist das nicht gerade - doch ein vielstimmiger Chor erfreulich persönlicher Annäherungen an Fragen von politischer Moral, Arbeit und Krieg.

Explizit mit dem Politischen im Dokumentarfilm wird sich auch die diesjährige Summer School des Arsenal Ende August beschäftigen. Doch jetzt ist dort erst mal Wieland Speck mit Fotos, Videos und Filmen zu Gast, ein Beweger und Kulturaktivist der beharrlichen Art, ein Kurator und Künstler, der seit fast zwei Jahrzehnten mit Leidenschaft das Berlinale-Panorama leitet. Viele wichtige Filme zu Aids, queerer Kultur und Homosexualität, oft aus den USA, erreichten nur durch seine Programmarbeit hier in den achtziger Jahren das deutsche Publikum. Am heutigen Donnerstag wird der Mann mit der immer noch jungenhaften Ausstrahlung kaum glaubliche sechzig Jahre alt.

Wie Schlingensief wurde auch Speck an einer Filmhochschule (bei Schlingensief war es die Münchner, bei Speck die Berliner dffb) abgewiesen, auch er hat sich davon nicht den kreativen Schneid nehmen lassen. Mit dem Kurzfilm-Programm Unter Männern aus den Jahren 1980 bis 1991 (thematisch geht es von Aids über Bowie bis Mauerfall) eröffnet am Mittwochabend im Arsenal eine umfassende Hommage an den Filmemacher und Teddy-Gründer, die neben seinen eigenen Regie- und Schauspielarbeiten auch einige Referenzfilme für sein Schaffen zeigt. Gut so. Doch erst gibt es im Eröffnungsprogramm am Mittwoch noch Christoph Eichhorns Dirnenschicksal von 1982, in dem neben Speck auch der damals neuwilde Maler Salomé als „Schicksal“ mitagiert. Als zusätzlicher Bonus angekündigt für den Abend ist ein Live-Auftritt von Speck-Darstellerin und Sängerin Zazie de Paris.

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