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CITY Lights: Gedöns? Ja, bitte!

„El Porvenir“, die Zukunft, heißt das Gefängnis im honduranischen La Ceiba und über jeder der nummerierten Gruppenzellen steht das Wort „Hogar“ für Heim. Dabei gibt es hier nicht einmal eine institutionelle Resozialisierung, dafür viel Gewalt.

„El Porvenir“, die Zukunft, heißt das Gefängnis im honduranischen La Ceiba und über jeder der nummerierten Gruppenzellen steht das Wort „Hogar“ für Heim. Dabei gibt es hier nicht einmal eine institutionelle Resozialisierung, dafür viel Gewalt. Erst 2003 starben in „El Porvenir“ 69 Menschen bei einem Kampf zwischen zwei der Banden, die auch in den Städten von Honduras Schrecken verbreiten. Das Land hat eine der höchsten Mordraten der Welt, da bleibt der Wunsch nach einem sinnvolleren Leben nach der Entlassung für die meisten ein Traum. Unterstützung bekommen sie von einer Schweizer Sozialarbeiterin, die Behördengänge und Alphabetisierungskurse anbietet, aber auch Yoga und Malerei. Da sitzen dann die Mörder und Vergewaltiger im Kreis beim Sonnengruß. Coni Lustenberger arbeitet fast allein mithilfe privater Unterstützer aus der Schweiz, die ihr Lebensunterhalt und Materialien bezahlen. Angekommen in El Porvenir zeigt und reflektiert unaufgeregt eine Welt, die wir sonst eher aus martialischen Reißern kennen. Wie solch ein Dreh überhaupt möglich war, kann man die Filmemacher Erika Harzer und Rainer Hoffmann selber fragen, wenn sie ihren Film am Sonntag im fsk-Kino vorstellen.

Einen Seitenhieb auf das KaritativWesen gibt es neben anderweitiger Globalisierungskritik auch in Christian von Borries Doku Mocracy – Neverland in me, die am Sonnabend im Beisein des Regisseurs im Regenbogen-Kino läuft. „Pussy Riot“ haben die Filmkollektivisten aus der Lausitzer Straße das Leitmotiv für dieses Wochenende genannt, an dem neben Borries am Freitag auch Eva Heldmann mit ihrem Dokumentarfilm fremdgehen (1999) zu Gast ist. Eine Frau auf sexueller Abenteuertour war auch damals nichts ganz Ungewöhnliches. Aber, und das ist das Besondere, hier ist die Hauptfigur Akademikerin, nicht mehr ganz jung – und fetischistisch darauf versessen, es mit dunkelhäutigen GIs zu treiben. Heldmann zeigt ihre Berichte kommentarlos, was ihr neben Anerkennung für den Tabubruch auch Vorwürfe einbrachte.

Ebenfalls im Regenbogen-Kino (Sonnabend bis Montag) ist Alexander Kluges Gelegenheitsarbeit einer Sklavin zu sehen, eine Aufbruchsgeschichte aus dem Jahr 1973, als die meisten Männer noch nicht einmal so taten, als interessierten sie sich für Frauengedöns. Der mit kommentierenden Zwischentiteln und künstlich gesprochenen Dialogen inszenierte Film hat eine auch heute noch erfrischende Unverblümtheit – auch im Umgang mit den Realitäten des Schwangerschaftsabbruchs. Die explizite Abtreibungsszene wurde von Anti-§218-Kämpferinnen als Angriff auf ihre Sache gesehen. Doch so viel Wirklichkeit muss frau schon aushalten. Allzu empfindsame Zuschauer seien dennoch gewarnt.

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